Esels-Religion
Shownotes
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Morgenandacht im Deutschlandfunk
Pfarrer Thomas Drken-Kucharz
aus Frankfurt am Main
Esels-Religion 12.08.2025
Das Christentum ist eine Esels-Religion. So spotteten die alten Rmer ber die ersten Christen. Dass sie Christen mit Eseln in Verbindung brachten, lag vermutlich an Jesus von Nazareth selbst, der einen Esel geritten hat. Meistens ging Jesus zu Fu, aber wenn er geritten kam, dann auf einem Esel.
Das sagt ziemlich viel ber Jesus aus. Jesus erfllte so eine Erwartung, die es schon in der hebrischen Bibel gibt. Beim Propheten Sacharja heit es:
Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein Knig kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, dem Sohn einer Eselin.
Und an den Esel schliet sich eine Vision vom Ende des Krieges und vom Frieden an:
Denn ich will die Wagen wegtun aus Ephraim und die Rosse aus Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Vlkern. (Sacharja 9,9)
Jesus ritt als Friedensbringer und zu dem passt kein Streitross. Er bentzte einen Esel, weil Esel im Krieg nicht verwendet werden.
So sehr Jesus den Esel schtzte, seine Zeitgenossen taten es nicht. Bei den alten Griechen galt der Esel als dummes und faules Tier. Klar, neben einem edlen Pferd macht er einen eher kmmerlichen Eindruck. Und die langen Ohren! Mag sein, dass der Esel keinen Schnheitswettbewerb gewinnt. Aber er ist nicht dumm, sondern hochintelligent und hat einen sehr eigenen Kopf. Die Redensart vom strrischen Esel basiert auf dieser Eigensinnigkeit.
Esel sind so intelligent, dass sie beschftigt sein wollen, sonst langweilen sie sich und kommen auf dumme Gedanken. Sie stellen dann manche Eselei an. Aber das ist gerade kein Ausdruck ihrer Dummheit, sondern im Gegenteil, von ihrer Intelligenz.
Der Esel ist mit das lteste Haustier des Menschen. Das Pferd hat ihn aber an vielen Stellen verdrngt. Dass man den Esel vor allem als Packtier weiterverwendete, liegt an seiner Zhigkeit. Viel lnger als ein Pferd kann ein Esel ohne Wasser und Nahrung auskommen.
Esel halten viel aus. Sie zeigen Schmerzen deutlich spter an als Pferde, sind trittsicherer und viel vorsichtiger. Da Esel anders als Pferde schwindelfrei sind, waren und sind sie in unwirtlichem Gelnde bevorzugtes Reit- und Lasttier. Anders als bei Pferden gibt es in einer Eselinnenherde keine Leitstute. Jede Eselin entscheidet selbst. Mnnliche Esel sowieso, denn sie leben erst gar nicht in einer Herde.
Jesus whlte den Esel. Die Rmer verspotteten das Christentum als Eselsreligion. Die lteste Darstellung des gekreuzigten Jesus stammt aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus. Es ist ein in Stein geritztes Spottbild. Es zeigt Jesus am Kreuz mit einem Eselskopf.
Einer, der am Kreuz hngt und verreckt, soll Gottes Sohn sein? Darin konnten die Rmer nur eine Rieseneselei sehen. Jede Christin und jeder Christ waren deshalb selbst dumme Esel.
Wenn man jedoch wei, wie Esel wirklich sind, ist es eher ein Kompliment als eine Beleidigung. Christen als Esel zu bezeichnen, heit, sie sind friedliebend und freundlich, geduldig und intelligent, gengsam und ausdauernd, trittsicher und kreativ. Und sie knnen die Lasten anderer tragen. Jede dieser Eigenschaften sind ntzlich, um gut mit anderen auszukommen und das Leben anzupacken.
Ich wei, da ist bei mir selbst und vielen meiner Glaubensgeschwister noch Luft nach oben. Es lohnt, sich das Reittier Jesu zum Vorbild zu nehmen: den Esel.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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