Sehen. Wissen. Glauben.
Shownotes
Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/morgenandacht/15245/sehen-wissen-glauben
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Morgenandacht im Deutschlandfunk
Pfarrer Thomas Drken-Kucharz
aus Frankfurt am Main
Sehen. Wissen. Glauben. 13.08.2025
Ich bin Jahrgang 1960, und ich heie mit Vornamen Thomas. Damals war Thomas in Deutschland der beliebteste mnnliche Vorname. Heute liegt Thomas nur noch auf Platz 210.
Thomas war ursprnglich kein richtiger Name. Thomas war nur ein Zusatz zu einem Namen und bedeutet auf Deutsch schlicht Zwilling. Man hie also z.B. Hans der Thomas, was so viel hie wie: Hans der Zwilling.
Aus dem Beiwerk wurde ein eigener Name, weil einer der Jnger Jesu ein Zwilling war, also Thomas genannt wurde. Dieser Thomas aus der Bibel wurde der unglubige Thomas genannt. Wie es dazu kam, erzhlt das Johannesevangelium: Nach seiner Auferstehung war Jesus den Jngern erschienen. Thomas war nicht dabei. Als ihm die anderen Jnger begeistert davon erzhlen, ist er nicht berzeugt: Wenn ich nicht in den Hnden von Jesus die Ngelmale sehe und lege meinen Finger in die Ngelmale (), kann ichs nicht glauben.
Eine Woche spter sind die Jnger wieder versammelt, diesmal ist Thomas dabei. Der auferstandene Jesus erscheint und wendet sich direkt an Thomas. Er fordert ihn auf, wirklich die Finger in seine Wunden zu legen, damit Thomas sich berzeugen und glauben kann, dass Jesus vom Tod auferstanden ist.
Die Geschichte lsst offen, ob Thomas tatschlich seine Finger in die Wunden von Jesus legt. Aber Thomas bekennt sich zu Jesus: Mein Herr und mein Gott! Und Jesus antwortet: Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! (vgl. Johannes 20,19-29)
Selig, die nicht sehen und doch glauben. Was fr ein unseliger, ja unsglicher Satz! Was Thomas macht, ist doch richtig. Nicht alles nachplappern. Nicht einfach glauben aufgrund von Hrensagen. Thomas will sehen. Und fhlen, berhren. Er fragt nach, er wills genau wissen. Die Menschen um ihn, seine Bubble, seine Blase behauptet etwas Aufregendes und Unglaubliches. Aber Thomas will die Quelle unabhngig und selbstndig berprfen. Seitdem hngt seinem Namen an, der ewige Zweifler zu sein. Aber ich, ich finde das wunderbar. Um es klar zu sagen, ich bin erstmal bei Thomas und nicht bei Jesus.
Denn wer verlangt, dass man glauben soll, was man wissen kann, ffnet Fake News, Populisten und Verschwrungserzhlungen Tor und Tr. Das erleben wir ja zurzeit. Serise Medien werden verunglimpft und ihre Arbeit behindert. Journalisten sind pltzlich das letzte Pack, werden bespuckt und getreten.
Nach heutigen Mastben wre Thomas der Journalist in der Runde der Jngerinnen und Jnger. Katholisch gesprochen wre Thomas fr mich der Schutzheilige der Nachrichten-Redaktionen.
Thomas zeigt, wie Faktenchecken geht. Er prft doppelt. Nur sehen gengt ihm nicht. Er will es betasten. Erst dann wei er, dass es keine optische Tuschung ist. Thomas befolgte schon vor 2000 Jahren den grundlegenden journalistischen Standard: Nicht nur einem Sinn, einer Quelle vertrauen, sondern sich so umfassend wie mglich ein Bild machen.
Was wir dringend brauchen, sind nicht weniger, sondern mehr Thomasse. Und damit meine ich die Haltung: das Bemhen um Wahrheit, Vernunft und Glaube.
Jesus meinte mit seinem Satz Selig sind, die nicht sehen und doch glauben kein Nachplappern. Er meinte etwas Anderes. Und in dieser Hinsicht stimmt der Satz: Es gibt wesentliche Dinge, die man nicht wissen und nicht beweisen kann. Dinge, die man nur glaubend erfahren kann. Und glaubend erfahren heit, ihnen vertrauen, sich auf sie einlassen.
Man kann nicht beweisen, ob es Gott gibt oder nicht. Man kann nicht beweisen, ob zwei Menschen einander lieben. Und niemand kann beweisen, dass Jesus auferstanden ist. Jesus erscheint nicht mehr. Niemand kann mehr die Finger in seine Wunden legen. Und doch kann ich den Auferstandenen erfahren, wenn ich mich auf ihn einlasse. Ihm vertraue. Glaube. Handfeste Beweise habe ich dann keine, brauche ich auch nicht. Ein erflltes Herz reicht mir.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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