Marathon

Shownotes

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Morgenandacht im Deutschlandfunk

Pfarrer Thomas Drken-Kucharz

aus Frankfurt am Main

Marathon 16.08.2025

Griechenland. Mittagshitze. Temperaturen um die 40 Grad. Wir haben unser Zelt einige hundert Hhenmeter unterhalb des Orakels von Delphi aufgeschlagen. Der Zeltplatz liegt wunderschn mit Blick ber das Tal. Kilometerweit sieht man Olivenhaine und ganz in der Ferne silbern die Bucht von Ita schimmern. Hier zogen vor mehr als zwei Jahrtausenden die alten Griechen hinauf zum Orakel.

Ein Prchen baut neben uns ebenfalls sein Zelt auf. Als das geschafft ist, sagt der Mann zu seiner Freundin: Ich gehe jetzt ein wenig laufen und jogge mal kurz zum Orakel. Ich dachte: Der kommt doch um in der mrderischen Hitze. Die setzt mir schon zu, ohne dass ich mich bewege. Doch weit gefehlt. Nach anderthalb Stunden kommt er verschwitzt, aber freudestrahlend zurck. Er war passionierter Marathonlufer und trainierte tglich, sommers wie winters jetzt eben auch in Delphi.

Sein Urahn, der erste Marathonlufer war nach seinem Lauf vor bald zweieinhalbtausend Jahren tot umgefallen. Die Legende erzhlt, er habe nach der gewonnenen Schlacht der Griechen ber das persische Heer nur noch die Worte Sieg! Sieg! ber die Lippen gebracht und ist danach sofort vor Erschpfung gestorben.

Inzwischen sind Marathonlufe ber mehr als 40 Kilometer eine Massenbewegung, und zum Glck meist ohne tragische Todesflle. Aber warum qulen sich Menschen ber diese Distanz? Ist es der lange Lauf zu sich selbst? Ich jedenfalls habe den noch vor mir. Bislang stehe ich bei groen Marathonevents, ob in Berlin oder Frankfurt am Main, nur am Rand und jubele den Sportlerinnen und Sportlern zu.

Seit dem Erlebnis in Griechenland finde ich: Der Marathon hnelt dem Lebenslauf. Hier wie dort gibt es Konkurrenz. Man will der Beste sein. Das Wichtigste aber ist: wenigstens im Ziel ankommen.

Auch der Verlauf eines Rennens gleicht dem Leben. Mein Marathon-trainierter Zeltnachbar damals in Delphi hat mir erzhlt: Am Anfang muss man sich erst einlaufen, Tritt fassen, seinen eigenen Rhythmus finden. Dann luft es viele Kilometer wie von selbst. Das letzte Drittel aber ist meist beschwerlich. Die Krfte nehmen ab, es kostet immer mehr berwindung weiterzulaufen und schlielich erreicht man vllig erschpft das Ziel. Und da sprt man, egal wie schnell man war, eigentlich vor allem eine groe Dankbarkeit fr jeden Schritt, den man zurckgelegt hat; und dass man tatschlich angekommen ist.

Der Vergleich zwischen Wett- und Lebenslauf findet sich bereits in der Bibel. Der Apostel Paulus schreibt seiner Gemeinde in Korinth: Wisst ihr nicht, dass die, die in der Kampfbahn laufen, die laufen alle, aber nur einer empfngt den Siegespreis?

Lauft so, dass ihr ihn erlangt Die Wettlufer empfangen einen vergnglichen Kranz. Im Glauben geht es dagegen um einen unvergnglichen Siegeskranz. (1. Korinther 9,24-27)

Gut, was den Marathonlauf angeht, mag das ja stimmen: Nur einer kann gewinnen. Aber sonst setzt mir Paulus Vergleich zu sehr auf Sieg. Er behauptet, es gehe immer um den Siegeskranz, und den knne nur der Schnellste erhalten. Sicher, es gibt die Spitzenathleten und da geht es um den Siegeskranz - oder inzwischen um die Goldmedaille.

Aber im Breitensport Marathon geht es darum, das eigene Tempo zu finden und dann das Ziel zu erreichen. Und das stimmt ja auch im Vergleich fr den Lebenslauf. Da hat jede und jeder sein Tempo und sein Ziel. Freilich macht auch Laufen bzw. Leben an sich Spa. Aber wenn ich ein Ziel vor Augen habe, halte ich besser durch. Das lsst mich Schmerzen und Hindernisse leichter ertragen.

Und hier endet auch der Vergleich. Denn im Lebenslauf ist es fr meine Motivation entscheidend, ob das Ziel das ewige Leben ist - oder ob dann einfach alles zu Ende ist. Als Christ hoffe ich auf das ewige Leben. Damit sollte sich frhlicher laufen lassen durchs ganze Leben.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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