Die Sünde der Nörgelei
Shownotes
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Morgenandacht im Deutschlandfunk
Paastor Matthias Viertel
aus Kassel
Die Snde der Nrgelei 26.08.2025
Einfach mal nichts tun, die Beine hochlegen, Stille genieen. Ich mag die Mglichkeit zum Durchatmen. Endlich die Probleme vergessen, die in der Welt noch immer nicht gelst sind. Miggang knnte man das nennen oder auch Trgheit. Frher stand das nicht gerade in hohem Ansehen. Miggang ist aller Laster Anfang heit es in einem Sprichwort.
In der alten Kirche hatte man dafr den Ausdruck Akedia geprgt. Diese besondere Art des Nichtsmachenwollens galt sogar als eine der Todsnden. Man kann den griechischen Ausdruck Akedia bersetzen mit Sorglosigkeit oder mit nachlssiger Trgheit. Aber das ist missverstndlich, die Begriffe haben sich im Lauf der Jahrhunderte verndert. Wer heute seine Hnde in den Scho legt, um von der Arbeit auszuruhen, oder sich eine mentale Pause gnnt, den trifft der Vorwurf nicht. Und erst recht nicht sind Menschen mit Depressionen gemeint, die sich wie in einem Kfig gefangen fhlen und deshalb wie erstarrt wirken.
Wenn von der Snde der Akedia gesprochen wird, ist vielmehr eine innere Einstellung von Personen gemeint, die Anstrengungen konsequent aus dem Weg gehen und jede Verantwortung ablehnen. Es ist diese eigentmliche Melange aus Bequemlichkeit und sorgloser Passivitt. Kritisch ist die innere Distanz eines Menschen, dem gleichgltig ist, wie es seiner Mitwelt geht, und der sich nicht kmmern will, obwohl er es knnte.
Der Begriff der Snde ist angestaubt oder sogar als Unwort abgetan. So dachte auch ich, bis ich vor kurzem auf eine bersetzung des Begriffs der Akedia gestoen bin, die ich beraus aktuell finde. Diese Interpretation beschreibt die alte Snde als Form der stndigen Nrgelei. Oh ja, das kommt mir bekannt vor. Auf einmal erscheint mir der schwer fassbare Ausdruck der Akedia in einem ganz neuen Licht.
Schon im 4. Jahrhundert hat der Mnch Evagrios Ponticus diesen speziellen Seelenzustand am Beispiel eines Klosterbruders beschrieben, der mit nichts zufrieden ist und an allem etwas auszusetzen hat. Er rgert sich ber dies und jenes, klagt ber seine Mitmenschen. Keiner kann es ihm recht machen: wenn die Tr quietscht, das Bett zu hart und das Zimmer zu kalt ist; und natrlich sind immer die Anderen am Elend der Welt schuld.
Mir gefllt es, wenn die Nrgelei als Snde geoutet wird. So vieles in dieser eigentmlichen Mischung aus notorischer Schuldzuweisung und abgelehnter Eigenverantwortung kommt mir bekannt vor. Es ist so modern geworden, an allem etwas auszusetzen, Politiker zu beschimpfen, Menschen als arbeitsscheu oder geldgierig zu diffamieren. Scheinbar wissen diese nrgelnden Menschen alles besser. Aber kaum jemand strengt sich an, das auch unter Beweis zu stellen. Die aktuelle Snde der Nrgelei kommt in dem Gewand des bellaunigen Besserwissers daher, der notorisch klagt und Missmut unter seinen Mitmenschen verbreitet.
Allerdings blieb es nicht bei der Kritik, als Kirchenvter wie der Mnch Evagrios ber die Snde nachdachten. Ihnen ging es nicht darum, andere Menschen zu verurteilen oder sie in Schubladen zu packen. Sie wollten vielmehr die eigenen Schwchen entdecken und ber therapeutische Manahmen nachdenken.
Als Therapie gegen die notorische Nrgelei empfahlen sie berraschenderweise die Selbstachtung. Tatschlich! Die Ursache fr die stndige Unzufriedenheit mit allem und jedem fhrten sie nmlich auf mangelndes Selbstvertrauen zurck.
Und da liegt der nchste Schritt nahe: Wer sich gebraucht und geliebt fhlt, dem erscheint das Leben nicht mehr beliebig. Wer sich von den Mitmenschen oder von Gott angesehen wei, trottet im Leben nicht missmutig dahin. Derjenige oder diejenige sieht im Leben keinen Anlass zur Nrgelei, sondern hat Lust am Dasein und will dafr Verantwortung bernehmen.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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