Max Horkheimer und der Glaube
Shownotes
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Morgenandacht im Deutschlandfunk
Pastor Matthias Viertel
aus Kassel
Max Horkheimer und der Glaube 28.08.2025
Der Philosoph Max Horkheimer war nicht gerade ein frommer Mensch. Bekannt geworden ist er als Direktor des Instituts fr Sozialforschung in Frankfurt am Main. Er gehrt zu den Mitbegrndern der Kritischen Theorie und hat neben Habermas und Adorno in den 60er Jahren das geistige Leben in Deutschland geprgt.
Aufgewachsen ist Horkheimer in einer orthodoxen jdischen Familie. Als die Nationalsozialisten sein Institut geschlossen haben, musste er in die USA emigrieren, kehrte aber nach dem Krieg zurck und setzte die Arbeit fort.
Trotz oder auch gerade wegen dieser Erfahrung, aufgrund seiner jdischen Herkunft verfolgt und ausgewiesen zu werden, zeigte sich Horkheimer spter in Glaubensfragen eher distanziert. Wenn es um religise Bekenntnisse ging, war er kritisch. Er verstand seine Arbeit als Fortsetzung der Aufklrung. Und das bedeutet: Nichts einfach glauben, alles kritisch hinterfragen und, wenn es der rationalen Prfung nicht standhlt, es auch verwerfen.
Zugleich ist die Aufklrung nicht von der Wissbegier zu trennen. Der aufgeklrte Geist versprt den Drang, Unbegreifliches zu erforschen, und mchte Nicht-Aussprechbares bedenken. Max Horkheimer verlor deshalb nie das Interesse an religisen Fragen, weder an den jdischen Traditionen noch an christlichen Positionen.
Von ihm stammt eine Anmerkung, die noch immer besondere Beachtung verdient. Zum einen, weil auch Skeptiker und kirchenkritische Menschen seine Gedanken respektieren. Zum anderen finde die Anmerkung bedenkenswert, weil sie existenziell und nicht theoretisch ausfllt. Sie grndet in einer persnlichen Betroffenheit, die viel Empathie zeigt. In einem Aufsatz mit dem Titel Der Christ und die Geschichte schreibt Horkheimer:
Der Gedanke, dass die Gebete der Verfolgten in hchster Not, dass die der Unschuldigen, die ohne Aufklrung ihrer Sache sterben mssen, dass die letzten Hoffnungen auf eine bermenschliche Instanz kein Ziel erreichen und dass die Nacht, die kein menschliches Licht erhellt, auch von keinem gttlichen durchdrungen wird, ist ungeheuerlich.
Fr mich ist das ein beeindruckendes Zeugnis: Horkheimer bietet mit diesem Gedanken einen besonderen Zugang zum Glauben. Da offenbart sich in dem religisen Denken eine Sehnsucht nach einer bermenschlichen Kraft. Und schon der bloe Gedanke, dass diese Kraft nicht sein knnte, dass die an Gott gerichtete Gebete keinen Adressaten haben knnten, erscheint ihm geradezu emprend. Denn ohne sie wrde alles im hoffnungslosen Dunkel versacken.
Fr mich bedeutet das: Es muss einen Grund zur Hoffnung geben, gerade weil so vieles hoffnungslos erscheint. Wie knnte ich all das Leid der Verfolgten, der Kranken, der Misshandelten jemals hinnehmen, wenn da nicht die Hoffnung auf Trost wre? Wie sollte ich angesichts der Dramen unserer politischen Gegenwart zuversichtlich leben knnen, wenn es nicht das Vertrauen auf ein gttliches Licht gbe, das die Finsternis der Welt erhellt?
Max Horkheimer spricht erst einmal nur die Ungeheuerlichkeit aus: Was wre, wenn alles Hoffen und Beten sinnlos wre? Mir ist deshalb sein Statement wertvoll geworden. Mit ihm kann ich sagen: Ja, ich glaube! Vielleicht weniger an den in dogmatischen Debatten entfalteten Gott. Aber ich glaube an die Notwendigkeit einer gttlichen Instanz, die allem Trost und jeglicher Hoffnung zur Quelle wird. Auch in dem Resmee stimme ich mit Horkheimer berein. Er kommt zu dem Ergebnis:
Die ewige Wahrheit hat ohne Gott ebenso wenig einen Grund und Halt wie die unendliche Liebe, ja sie wird zum undenkbaren Begriff.
Ich jedenfalls will das nicht, dass die beiden zu undenkbaren Begriffen werden.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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