Ungläubiger Thomas
Shownotes
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Theologiestudentin Marie Marondel
aus Berlin
Unglubiger Thomas 05.09.2025
Manchmal sehe ich etwas Schnes, Erstaunliches und denke: Das Bild oder der Moment ist so besonders, ich wrde gerne ein Foto machen. Ich wrde es mir gerne immer wieder anschauen knnen. Ich will mir sicher sein knnen: Das habe ich wirklich gesehen. Das ist wirklich so passiert. Aber so besonders, wie der Anblick ist, so schnell ist der Augenblick auch wieder vorbei.
In meiner Kindheit hat mal jemand zu mir gesagt: Wenn ich etwas Schnes sehe, dann schliee ich kurz meine Augen, wie der Verschluss einer Kamera, klick, und tue so, als ob ich mit meinen Augen ein Foto mache, damit ich es nicht vergesse. Mir hat diese Technik schon als Kind gefallen. Und ich mache das heute noch ab und zu so. Das verstrkt mein Gefhl: Diesen Moment will ich in meinem Gedchtnis aufbewahren. Er soll irgendwo in mir einen wertvollen Platz haben.
Klar, der Moment bleibt flchtig. Aber ich lasse ihn in mir lnger wirken. Ich gebe dem Staunen und Bewundern Raum, zeige Wertschtzung fr den Augenblick und traue meinen Sinnen: Ich sehe das wirklich! Klick. Ich erlebe das wirklich! Klick. Ich bin Teil dieser wundervollen Schpfung! Klick.
Einer, der den Moment festhalten und mit seinen Sinnen spren will, ist in der Bibel Thomas. Er ist ein Jnger von Jesus. Nachdem Jesus gekreuzigt, gestorben, begraben und vom Tod auferstanden ist, erscheint er seinen Jngern. Thomas ist nicht dabei, als das passiert. Die anderen erzhlen ihm davon: Jesus lebt! Aber Thomas kanns nicht glauben. Er will selbst sehen.
Wieder sind die Jnger zusammen. Dieses Mal ist Thomas dabei. Der auferstandene Jesus erscheint und sagt zu Thomas: Komm, gib mir deine Hand und lege sie in meine Wunden! Sei nicht unglubig, sondern glubig! Ob Thomas tatschlich die Wunden berhrt hat, lsst die Geschichte in der Bibel offen. Aber Thomas antwortet Jesus: Mein Herr und mein Gott!
Ich kann Thomas verstehen. So wie ich meinen Augen beim Anblick der Schpfung manchmal kaum glauben kann, kann Thomas kaum fassen, was er hrt, als ihm die anderen von Jesu Auferstehung erzhlen.
Ich glaube: Gott zeigt sich in vielen kleinen Momentaufnahmen, insbesondere in denen, die sich nicht nur mit dem Auge erfassen lassen. Viel mehr in Gesprchen, in Begegnungen, in Erzhlungen. Ich versuche zu lernen, sie zu sehen, zu hren, sie zu bemerken. Dann vertraue ich meinem Gefhl, mache ein Foto mit meinen Augen, klick, und bewahre den Eindruck in mir auf.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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