Die Welt der kleinen Schätze
Shownotes
Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/morgenandacht/15254/die-welt-der-kleinen-schaetze
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Morgenandacht im Deutschlandfunk
Pfarrerin Andrea Wagner-Pinggra
aus Bielefeld
Die Welt der kleinen Schtze 09.09.2025
Ein Wochenende zum Geburtstag bei einem alten Freund. Ich habe noch nicht einmal die Zeit, mir die Hnde zu waschen, geschweige denn, dem Geburtstagskind angemessen zu gratulieren. Da fallen schon die inzwischen erwachsenen Kinder des Freundes ber mich her mit der Frage: Du bist doch bei Bethel. Du musst es also wissen. Macht Bethel das eigentlich wirklich noch die Sache mit den Briefmarken?
Bethel. Das ist wie eine kleine Stadt inmitten der Stadt Bielefeld, ein Zentrum der evangelischen Diakonie, das Menschen in ganz verschiedenen, oft schwierigen Lebenssituationen hilft. Viele kennen die Aktion Briefmarken fr Bethel. Die beiden erwachsenen Kinder des Freundes sagen: Ist doch total altmodisch. Es verschickt doch niemand mehr Briefe. Und Briefmarken sammeln, das macht doch auch niemand mehr!
Halt, sage ich, weit gefehlt. Das Briefmarkensammeln fr Bethel lebt. Wir knnen Briefmarken immer noch genauso gut gebrauchen wie vor 137 Jahren.
Ich habe vor kurzem die Briefmarkenstelle besucht. Jeden Tag kommen hier mehr als 400 Briefe und Pckchen an mit Briefmarken. Im Jahr ergibt das ungefhr 30 Tonnen. 30 Tonnen!
In der Briefmarkenstelle taucht man ein in eine andere Welt. Die Welt der kleinen Schtze. Es herrscht eine ruhige, konzentrierte Atmosphre. Obwohl der Raum gro ist und hier 125 Menschen arbeiten. Menschen mit und ohne Beeintrchtigungen. Es ist ein beliebter Arbeitsplatz. Als ich dem Team bei der Arbeit zusehe, verstehe ich, warum.
Die Briefmarken werden erst einmal gesichtet. Gibt es sie oft oder sind sie selten? Neu oder alt? Aus Deutschland? Europa? Oder aus fernen Lndern? Sind sie unbeschdigt? Das ist wichtig. Denn wer sammelt, mchte Marken ohne Riss.
Denn es gibt sie noch die Sammler. Natrlich nicht mehr so viele wie frher. Aber nach wie vor gengend, die an Briefmarken Freude haben. Genau wie im Jahr 1888, als man in Bethel anfing, um Briefmarken zu bitten und diese weiter zu verkaufen.
In der Briefmarkenstelle werden die gespendeten Marken gesichtet. Die einfachen werden ausgeschnitten, die wertvolleren sorgfltig abgelst und ebenso sorgfltig sortiert. Und schlielich werden unterschiedliche Pckchen und Pakete gepackt. Die Bunte Mischung BUMI genannt: gebrauchte, unsortierte Marken aus Deutschland und aller Welt. Nur geschnitten. Als Zwei-Kilo- oder Vier-Kilo-Paket. Sie ist verhltnismig billig.
Teurer wird es bei den abgelsten und sortierten Marken. Sie werden in 100-Gramm- oder 250-Gramm-Pckchen verpackt. Da ist dann auch die eine oder andere Kostbarkeit darunter.
Bei meinem Besuch in der Briefmarkenstelle sehe ich, wie eine Frau mit groer Leidenschaft bei der Sache ist. Sie hantiert mit Lupe und Pinzette, um ja die Zhnung der Briefmarke nicht zu beschdigen. Hier ist eine Spezialistin am Werk.
Das ist einer der Grnde, warum es nach wie vor die Aktion Briefmarken fr Bethel gibt. Weil Menschen hier eine Arbeit finden. Das ist generell in Bethel so: Es bietet Menschen mit Beeintrchtigungen eine sinnvolle Beschftigung. Im inklusiven Caf oder Restaurant, im Garten- und Landschaftsbau, in der Molkerei. Darum arbeite ich als Pfarrerin und Theologin genauso gern in Bethel wie die Frau in der Briefmarkenstelle. Weil ich hier erlebe: Inklusion, das selbstverstndliche Miteinander von Menschen mit und ohne Beeintrchtigung ist keine Utopie. Hier in Bethel wird das ausprobiert und gelebt. Mit Ausstrahlungskraft ber Bethel hinaus. Ich merke immer wieder: Inklusion funktioniert, wenn man will und wenn viele mitmachen. Zum Beispiel mit Briefmarken fr Bethel.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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