Organspende

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/morgenandacht/15257/organspende

Transkript anzeigen

Morgenandacht im Deutschlandfunk

Pfarrerin Andrea Wagner-Pinggra

aus Bielefeld

Organspende 13.09.2025

Seit langem verfolgt mich das Thema Organspende. Als Pfarrerin bin ich oft damit konfrontiert persnlich, durch die Menschen, denen ich begegne, und durch die Debatten ber Organspende in der Kirche. Oft heit es in der Kirche: Organspende ist ein Akt der Nchstenliebe. Sie sollte fr Christinnen und Christen selbstverstndlich sein.

Mich berzeugt das nicht. Irgendetwas hlt mich davon ab. Ich mchte meine Organe nicht spenden. Ich mchte einfach kein Ersatzteillager werden. Immer, wenn das Gesprch darauf kommt, wehre ich ab: Wer kann denn an meinen Organen schon Interesse haben?

Als dann eines Tages ein Organspendeausweis ins Haus flattert mit der Bitte, ihn ausgefllt bei sich zu tragen, flle ich aus. Und kreuze Nein an. Nein ich bin nicht bereit meine Organe zu spenden. Ich lege den Ausweis in meinen Geldbeutel und lasse die Sache damit auf sich beruhen. Sollen die anderen doch reden ich mag nicht.

Dann flammt die Debatte politisch wieder auf. Viel zu wenige Menschen in Deutschland sind zur Organspende bereit. Es ist die Rede davon, konkret widersprechen zu mssen, um seine Organe nicht zu spenden. Das bedeutet: Wenn man nicht ausdrcklich widerspricht, dann gilt man automatisch als potenzieller Organspender oder Organspenderin. Mich regt das ungeheuer auf.

In dieser Situation spreche ich mit einem Arzt. Einem Urologen. In einer vllig anderen Angelegenheit. Er redet von der Schnheit seines Berufes. Seine Begeisterung ist mit Hnden zu greifen. Er operiert viel und gerne. In der Mehrzahl sind es Prostata-Operationen, die er durchfhrt. Aber auch Transplantationen. Niere. Leber.

Weil unser Gesprch so offen und angeregt ist, erzhle ich ihm, dass ich meine Organe nicht spenden mchte.

Der Arzt ist ein kluger Mann. Erfahren. Ich vermute, er hat solche Gesprche schon mehr als einmal gefhrt. Und so lsst er seine moralische Keule auch in der Tasche. Stattdessen sagt er: Ich zeige Ihnen mal was. Er zieht sein Handy aus dem Arztkittel, scrollt ein bisschen auf dem Bildschirm hin und her. Und hat dann gefunden, was er sucht. Einen Chat mit einem Mann, den er vor einigen Jahren transplantiert hat.

Ich sehe Bilder von dem Mann, wie er mit seiner Frau im Urlaub ist. Man sieht auf den Bildern: Beide sind glcklich. Vergngt und fidel. Und ich lese, was der Mann dazu schreibt. Fnf Jahre ist die Nierentransplantation nun her. Er hat wirklich ein neues Leben bekommen. Heute am Jahrestag bedankt er sich aus tiefstem Herzen. Fr das neue, das zweite Leben.

Die Frucht hoher rztlicher Kunst. Und eines Menschen, der zu Lebzeiten bereit war, im Falle seines Falles seine Nieren zu spenden. Was soll ich sagen? Dieses Gesprch hat fr mich alles verndert. Ich bin nach Hause gegangen und habe mir umgehend einen neuen Organspendeausweis besorgt. Da habe ich angekreuzt: Ja, ich gestatte, dass nach der rztlichen Feststellung meines Todes meinem Krper Organe und Gewebe entnommen werden.

Ob das dann tatschlich der Fall ist und was dann entnommen wird, ist mir inzwischen ziemlich gleich. Wenn nur einem Menschen geholfen wird, mit meinen Organen vergngt und fidel weiterzuleben was knnte ich mir Schneres wnschen?

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

Weitere Sendungen, Informationen, Audios und mehr finden Sie unter:

http://rundfunk.evangelisch.de/kirche-im-radio/deutschlandfunk/morgenandacht

Facebook: https://www.facebook.com/deutschlandradio.evangelisch

2

1

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.