Friedensstreiter
Shownotes
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Gedanken zur Woche im Deutschlandfunk
Pastor Oliver Vorwald
aus Hannover
Friedensstifter 10.10.2025
Sie waren Erzfeinde, dann Friedensnobelpreistrger. In diesen Tagen schaue ich immer wieder auf das Foto vom Herbst 1993. Darauf reichen Yitzhak Rabin, Israels damaliger Ministerprsident, und Palstinenserchef Jassir Arafat einander die Hnde. Links der einstige General, der whrend des israelischen Unabhngigkeitskriegs auch fr die Vertreibung von Palstinensern verantwortlich war. Und rechts der Vorsitzende der Palstinensischen Befreiungsorganisation PLO, die zahlreiche Terroranschlge verbt hat.
Entstanden ist das Bild im Zuge der Osloer Abkommen. Ein Friedensprozess, der den Weg fr eine Zwei-Staaten-Lsung ebnen sollte. 1994 bekamen deshalb Arafat und Rabin gemeinsam mit Shimon Peres den Friedensnobelpreis. Das hat mich gerhrt: Frieden schien mglich auf diesem Fleckchen Erde, das so vielen Menschen als heilig gilt.
Heute wird verffentlicht, wer dieses Jahr den Friedensnobelpreis bekommt. Im Lauf des Vormittags wird das Nobelkomitee in Oslo den oder die Preistrger verknden. Das knnen Persnlichkeiten sein oder Organisationen.
Der Stifter Alfred Nobel hat verfgt: Der Friedensnobelpreis soll an denjenigen gehen, der am besten auf die Verbrderung der Vlker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie die Frderung von Friedenskongressen hingewirkt hat.*
Schwerter zu Pflugscharen; selig sind, die Frieden stiften. So liee sich das mit biblischen Worten wiedergeben. Aktuell geschieht das Gegenteil. Mehr Waffen, grere Heere. Die Bundeswehr soll aufgestockt werden.** Und ich finde das richtig. Ich persnlich, konfirmiert auf eben diesen Bibelvers Selig sind, die Frieden stiften und Kriegsdienstverweigerer.
Was berwunden galt, wiederholt sich: Der Krieg in Europa. Russland attackiert tglich die Ukraine und testet aus, wie verteidigungsfhig die Lnder Europas sind. Es geht um Solidaritt mit den europischen Nachbarn, um Abschreckung. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Noch etwas ist mir wichtig. Es darf nicht nur von Verteidigung und Militr die Rede sein. Wir mssen auch die Friedenskraft strken. Zum Beispiel Friedensbildung an Schulen als Teil des Unterrichts. Man kann lernen, welche Methoden helfen, Konflikte zu entschrfen. Frieden denken, lehren, leben. Vlkerverstndigung, Abrstung, Friedenskongresse, wie es Alfred Nobel in seinem Testament beschrieben hat.
Jesus skizziert in seiner Bergpredigt Wegmarken fr diesen Prozess. Betet fr eure Feinde. Haltet auch die andere Wange hin. Wer diese Worte hrt, empfindet sie wahrscheinlich als Zumutung. Sie fordern auf, ins Risiko zu gehen, Friedensstreiter zu sein.
In der Laudatio des Nobel-Komitees fr Arafat, Rabin und Peres heit es: Die Preistrger sind das Risiko eingegangen, in einer von Krieg und Hass geprgten Zeit einander zu vertrauen ... Frieden muss immer wieder neu errungen werden. ... Das erfordert groen Mut.** Das wird damals keinem leichtgefallen sein, so viel Terror, Krieg und Unterdrckung waren geschehen.
Dennoch versprachen die Israelis mit den Osloer Abkommen: Sie ziehen sich aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland zurck. Und die Palstinenser sagten zu: Sie verzichten fr ihre politischen Ziele auf Gewalt. Beide erkannten das Existenzrecht des anderen an. Dieser Friedensprozess ist Ende der 1990er Jahre ins Stocken geraten. Er bleibt trotzdem beispielhaft.
Was wir einander angetan haben, soll nicht mehr unsere Zukunft bestimmen. So verstehe ich das Foto mit Rabin und Arafat im Herbst 1993. Dieser Handschlag ist damals gelungen, weil es engagierte Vermittler aus der Weltgemeinschaft gab. gypten, die USA, Norwegen. Sie haben beiden Seiten genau zugehrt. Die Konfliktbeteiligten selbst, Arafat, Peres und Rabin, sind ber die langen Schatten der Geschichte gesprungen. Sie haben die Frage, wer angefangen hat, nicht in den Mittelpunkt gestellt.
Das beeindruckt mich nach wie vor: Dieser Mut, sich selbst etwas abzuverlangen und nach vorne zu schauen. Der Mut zum Frieden ist eine Zumutung. Nicht umsonst steckt das Wort Mut mittendrin.
Wem auch immer der Friedensnobelpreis heute zugesprochen wird, dem oder denen wnsche ich solchen Mut. Unsere Zeit braucht Friedensstreiter.
Es gilt das gesprochene Wort.
Quellen:
* F. Sejersted, Award ceremony speech, 10. December 1994: https://www.nobelprize.org/prizes/peace/1994/ceremony-speech/ | abgerufen am 08.10.2025
** DLF am 06.06.2025 Pistorius will Bundeswehr um bis zu 60.000 Soldaten aufstocken NATO beschliet hhere Vorgaben: https://www.deutschlandfunk.de/pistorius-will-bundeswehr-um-bis-zu-60-000-soldaten-aufstocken-nato-beschliesst-hoehere-vorgaben-104.html | abgerufen am 08.10.2025
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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