Silksong

Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrerin Hannah Clemens

aus Wernigerode

Silksong 16.10.2025

Schon wieder tot. Mein Herz hmmert in meiner Brust. Ich lasse den Controller fallen und schlage die Hnde vors Gesicht. Auf dem Sofa neben mir sitzt mein Vater. Er kann sein Unverstndnis kaum verbergen. Er ist als spontaner bernachtungsgast gekommen. Natrlich wrden wir eigentlich bei einem Tee zusammensitzen und uns unterhalten. Aber diesmal meinte er: Was wrdest du denn machen, wenn ich nicht gekommen wre? Wenn ich nicht gerade noch arbeiten muss, ist die Antwort im Moment klar: Silksong spielen!

Silksong ist ein Videospiel. Viele Gamer wie ich haben seit mehr als sechs Jahren darauf gewartet. Als das Spiel endlich herauskam, brachen mehrere Spieleserver zusammen, weil der Ansturm so gro war.

Wenn ich etwas Zeit habe, strze ich mich hinein. Eigentlich ist das fr meinem Vater nichts Neues. Er kennt mich schlielich schon lange genug und wei: Videospiele entspannen mich.

Aber Silksong ist anders. Auch Minuten nach Game over kann ich mich nicht beruhigen. Schon zum zehnten Mal ist das kleine Insekt, das ich steuere, gestorben. Das Spiel ist verdammt schwer. Man muss schnell und przise reagieren, die Angriffsmuster der Gegner analysieren oder den sichersten Pfad durch eine feindselige Umgebung finden.

Was ist daran entspannend?, fragt mein Vater. Deine kostbare Freizeit mit einer derart frustrierenden Ttigkeit zu verbringen. Immer wieder scheitern. Ich gebe zu: Manchmal frage ich mich das selbst.

Zur Erklrung verbinde ich mal zwei meiner Leidenschaften miteinander: meine Passion fr Videospiele und meinen Glauben. Den Grund, warum ich und so viele Menschen trotzdem weiterspielen, kannte schon Jesus. Er erzhlt in einem seiner Gleichnisse von einer Frau, die einen Silbergroschen verliert. Sie sucht das ganze Haus danach ab, stellt alles auf den Kopf. Und als sie ihn dann findet, freut sie sich ber die Maen und erzhlt all ihren Freunden davon. So gro, sagt Jesus, ist auch die Freude bei Gott, wenn ein Mensch zu ihm findet.

So eine Hingabe setzt viele Energien frei. Und Gefhle. Ich jubele, als es mir gelingt, den Gegner zu besiegen. Auch mein Vater atmet erleichtert auf. Ich lege das Spiel fr heute beiseite. Wir unterhalten uns. Mein Herz klopft noch immer, vor Freude ber den kleinen Erfolg.

Wre Jesus heute unterwegs, htte er Silksong vielleicht fr eines seiner Gleichnisse verwendet: Gottes Wort versucht immer wieder, einen Menschen zu bewegen. Gott lsst sich nicht davon abbringen, auch wenn er immer wieder scheitert. Gott gibt nicht auf, was verloren scheint, sondern bleibt dran. Und erreicht dann endlich das Herz eines Menschen. Dann ist die Freude im Himmel noch viel grer als der Jubel aller Silksong-Spielenden zusammen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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