Faulsein wär' wunderschön...

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/wort-zum-tage/15321/faulsein-waer-wunderschoen

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrerin Hannah Clemens

aus Wernigerode

Faulsein wr wnderschn 18.10.2025

Pippi Langstrumpf hat wohl alles, was man sich wnschen kann. Sie ist brenstark, unabhngig, und clever. Sie besitzt ein Haus, ein Pferd, einen Affen und einen Koffer voll Gold. Und doch gibt es etwas, das sie nie hat: Schulferien! Das empfindet sie als derart ungerecht, dass sie freiwillig in die Schule geht.

Pippis Schulbesuch ist zum Scheitern verurteilt. Er endet damit, dass Pippi sich lieber mit ihrer Ferienlosigkeit abfindet, als sich den Regeln der Schule zu unterwerfen.

Wenn ich wieder einmal viel zu frh geweckt werde, wnsche ich mir diese Unabhngigkeit. In der Ecke leuchtet der Tageslichtwecker meiner Kinder in dunklem Orange. Innerhalb der nchsten 20 Minuten wird er immer heller werden. Dann kommt noch knstliches Vogelgezwitscher dazu. Beides soll meine zwei Nachteulen zum Aufstehen animieren.

Fr meine frisch eingeschulte Tochter sind die Ferien auch das Beste an der Schule. Noch lieber wrde sie wie Pippi auf Ferien verzichten, wenn sie ein schulfreies Leben fhren knnte. Immer wieder fragt sie mich, wer sie eigentlich zwingt, zur Schule zu gehen.

Die oberflchliche Antwort ist klar: Der Staat hat die Schulpflicht festgelegt. Sie muss zur Schule, ob sie und ich wollen oder nicht. Aber das stimmt eben nur oberflchlich. Genauso wie es nur oberflchlich stimmt, dass ich arbeite, weil mein Arbeitgeber das will. Denn es gibt tiefere Grnde.

Pippi Langstrumpf hat alles, was sie braucht, um unabhngig von den Forderungen der Erwachsenen zu leben. Jesus sagt: Auch ihr habt alles, was ihr braucht. Jesus lebte ohne Beruf oder festen Wohnsitz. Er wanderte frei durchs Land.

Und es stimmt: Auch ich knnte Wege finden, freier zu leben, zum Beispiel deutlich weniger arbeiten und mich unabhngig machen von den Forderungen meiner Mitmenschen.

Gleichzeitig merke ich: So will ich eigentlich nicht leben. Ich entscheide mich jeden Tag dafr, mich den Anforderungen zu stellen, die andere an mich haben. Ich setze mir gern Ziele und Aufgaben. Manchmal, wenn mir alles zu viel wird, erinnere ich an meine eigentliche Freiheit. Ich frage mich dann, warum ich Dinge tue, die mir keinen Spa machen. Und dann merke ich manchmal, was ich lassen kann, und gehe neue Wege. Oder ich bleibe dabei und mache mich dann wieder zufriedener an meine Aufgaben, weil ich mir meiner Motivation wieder bewusst bin.

Auch meine Tochter merkt: Eigentlich will sie lesen, schreiben und rechnen lernen. Erst vor kurzem sagte sie am Nachmittag: Heute war es richtig schn in der Schule. Auf die Ferien freut sie sich trotzdem. Und darauf, dass sie nicht der knstliche Tageslichtwecker aus dem Schlaf holt, sondern sie erst vom richtigen Tageslicht geweckt wird.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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