Präsident, Prophet, Prinz

Gedanken zur Woche im Deutschlandfunk

Pfarrerin Angela Rinn

aus Mainz

Prsident, Prophet, Prinz 24.10.2025

Den Blick aus seinem Fenster kenne ich sehr gut. Denn ein Jahr lang habe ich Theologie in Paris studiert und in derselben Strae gewohnt. Wenn er jetzt aus dem Fenster schaut, drfte er die bunten Bltter einer Kastanienallee sehen, idyllisch. Sein Zimmer ist elf Quadratmeter gro, etwa so gro wie mein Zimmer damals in der Fakultt. Nur dass ich mehr Bcher hatte und nicht nur eine Stunde Freigang am Tag.

Die protestantische Fakultt liegt im Sden von Paris, direkt gegenber vom Gefngnis Sant. Auch wenn er in Berufung gegangen ist, das Gefngnis Sant ist jetzt erst einmal das Zuhause von Nicolas Sarkozy, dem frheren franzsischen Staatsprsidenten. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass Sarkozy sich seinen Prsidentschaftswahlkampf 2007 von al-Gaddafi, dem damaligen Diktator Libyens finanzieren lie. Sarkozy ordnet das Urteil als Justizskandal ein.

Ich finde: Es ist ein groer Fortschritt, dass Recht und Gesetz auch fr mchtige Menschen gelten. Jedenfalls in Europa.

Seit biblischen Zeiten waren mchtige Menschen der Ansicht: Gesetze werden von ihnen, aber nicht fr sie gemacht.

Die Propheten in der Bibel hatten daher einen riskanten Job, wenn sie den Knigen den Spiegel vorgehalten haben. Sie wurden vielfach verfolgt. Der Auftrag an den Propheten Nathan, dem Knig David den Zorn Gottes auszurichten, war daher ein Himmelfahrtskommando.

Zumal der Vorfall aus royaler Perspektive nicht der Rede wert war. Der Knig hatte die Frau eines Untertanen vergewaltigt, whrend der Mann an der Front war. Als die Frau schwanger wurde, lie der Knig den Ehemann beseitigen. So what? Kein Herrscher dachte sich etwas dabei, sich jede Frau zu nehmen, auf die er Lust hatte. Royales Recht der Geburt. Von Gottes Gnaden. Nur Gott hat es nicht gepasst.

Der Prophet Nathan hat dem Knig nicht das sechste Gebot vorgehalten. Du sollst nicht ehebrechen was interessiert das einen Herrscher? Nathan erzhlt dem Knig stattdessen eine Geschichte. Ein armer Mann hat ein einziges Schaf, das er liebt. Doch ein reicher Mann nimmt ihm dieses Schaf und schlachtet es, weil er keine Lust hat, eines seiner eigenen Schafe zu verlieren. Eine gute Geschichte. Und eine kluge Falle. Knig David wird zornig: Der Mann ist des Todes! Du bist der Mann!, sagt der Prophet.

Der Knig htte den Propheten nun ins Gefngnis werfen knnen. Oder gleich tten. Doch David zeigt Gre. Er gesteht seine Schuld ein. Ich habe gesndigt.

Andere zeigen keine Gre. Bis heute. Es gibt mchtige Mnner, die es als ihr Recht ansehen, sich die Frauen zu nehmen, auf die sie Lust haben. Auch wenn diese Frauen minderjhrig sind. In dieser Woche ging es um den britischen Prinzen Andrew, der seine Tat bis heute bestreitet. Eine Frau hat ihn verklagt. Er habe sie als 17-Jhrige missbraucht. In diesem Jahr hat sie ihr Leben nicht mehr ertragen und Suizid begangen. Nun sind posthum ihre Memoiren erschienen.

Knig David konnte durch sein Schuldeingestndnis sein Leben retten. Die Folgen seiner Tat waren dennoch gravierend. Snde wirkt sich aus. Davids Vergewaltigung und der Mord am Ehemann seines Opfers waren der Anfang vom Ende seiner Macht.

Das britische Knigshaus hat die Reileine gezogen und sich von Andrew distanziert. Auch eine jahrhundertealte Institution wie diese Monarchie kann wanken. Der Prinz hat auf seine Ehrentitel verzichtet. Angeblich aus freien Stcken. Ein echter Ehrenmann eben. Schade, dass es keinen Propheten oder keine Prophetin gegeben hat, der oder die ihm eine passende Geschichte erzhlen konnte.

Seit Menschengedenken sind die Groen dieser Welt der Ansicht, dass Gesetze von ihnen, jedoch nicht fr sie gemacht werden. Gut, wenn das in Europa nicht mehr gilt.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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