"Alle Farben der Welt"

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/morgenandacht/15394/alle-farben-der-welt

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Morgenandacht im Deutschlandfunk

Superintendent Jan von Lingen

aus Northeim

Alle Farben der Welt 05.11.2025

Das Brautpaar zieht bei festlicher Musik in die Kirche ein. Die Bnke sind mit Blumen geschmckt. Viele sind gekommen und sind sichtlich bewegt. Denn die beiden verbindet eine ganz besondere Liebesgeschichte. Sie wollten ihre kirchliche Trauung eigentlich schon vor zehn Jahre feiern. Diese mussten sie verschieben. Wie es dazu kam?

Sie und er beide Journalisten sind 2012 zusammengezogen, haben Leben und Beruf geteilt, gemeinsame Filme gedreht, Musik komponiert. Er sagt: Es war ein Glcksfall, dass wir uns gefunden haben. Wir haben einen emotionalen Gleichklang. Sie sagt von sich selbst lachend: Ich habe es nicht so mit dem Reden wie er. Aber schreiben kann sie, musizieren, komponieren.

Fr ihre kirchliche Trauung haben sie sich ein Lied von Klaus Hoffmann ausgesucht. Alle Farben dieser Welt heit es. Darin eine sehr dunkle Zeile: Dann kam die Nacht, mein Kind, da hattest du ein Feuer angefacht Jene Nacht ist der Grund, warum sie die kirchliche Trauung um ein Jahrzehnt verschoben haben. Er wurde fast ber Nacht schwer krank. GBS. Guillain-Barr-Syndrom, eine Nervenerkrankung. Er nennt es auf seiner Seite im Internet Rendezvous mit einem anderen Leben. Der lange Weg einer Heilung.

Es war kurz nach ihrer Eheschlieung auf dem Standesamt. Pltzlich berfielen ihn Querschnittslhmung, Multiorganversagen. Und es folgten sechs Wochen knstliches Koma, 400 Tage in wechselnden Spezialkliniken. Am ersten standesamtlichen Hochzeitstag htte die Braut schon Witwe sein knnen.

Aber sie hat um ihren Mann gekmpft. Allein durch ihr Dasein an fast jedem Tag hat sie kleine Leuchtfeuer in den Krankenhusern entzndet zwischen Beatmungsschluchen, blinkenden Bildschirmen und piependen Maschinen. Und zwischen all ihren eigenen ngsten.

Der Liedermacher Klaus Hoffmann dichtet: Zeig mir die Farben dieser Welt, du hast mir so viel davon erzhlt, sagtest, selbst im Schatten, der nur fllt, sieht man alle Farben dieser Welt. Schatten und Farben das haben sie genau so erlebt. Sie: Tagsber arbeiten, abends ins Krankenhaus, nachts Filmprojekte abschlieen - darber hat sie ihre Gesundheit aufs Spiel gesetzt und einen Job verloren.

Aber genau diesem Einsatz ist zu verdanken, dass er - ihr Mann - nach einem Jahr im Rollstuhl und einem weiteren halben Jahr am Rollator wieder laufen lernte. Farben kehren ins Leben zurck. Er sprudelt vor Ideen und sagt: Wenn ich wieder tanzen kann, dann holen wir die kirchliche Trauung und die Feier nach. Tanzen kann er bis heute nicht, aber das hat andere Grnde.

Ihr war etwas Anderes wichtig: Wenn kirchlich heiraten, dann aus Liebe! Und so eingestimmt ziehen sie dann also in Hannovers Marktkirche ein. Er im dunklen Anzug, sie im Brautkleid.

Ihr Trauspruch aus der Bibel: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe diese drei. Aber die Liebe ist die grte unter ihnen. Jedes Wort haben sie mit Leben gefllt:

Einen Glauben, den sie nie verloren haben, auch wenn er sagt, er sei sich seiner Sache manchmal nicht so sicher gewesen.

Hoffnung. Die beiden haben die Hoffnung immer hochgehalten und nie aufgegeben.

Und Liebe. Ihre Liebe hat sich bewhrt auch in der Nacht und im Schatten.

Es ist wie in jenem Lied von Klaus Hoffmann, das wir bei ihrer Trauung singen. Da heit der Refrain: Zeig mir die Farben dieser Welt. Du hast mir so viel davon erzhlt. Sagtest, wenn ein Stern vom Himmel fllt, sieht man alle Farben dieser Welt.

Auf die Frage, warum sie sich zehn Jahre nach der standesamtlichen Eheschlieung noch die kirchliche Trauung gewnscht haben, geben sie folgende Antwort: Es fehlte noch etwas. Eine geistliche Beglaubigung sei noch ntig gewesen, sagt er. Und sie ergnzt: Mit der kirchlichen Trauung und einem groen Fest unter Freunden wollten wir ein Zeichen setzen. Und das ist gelungen. Es war ein mchtiges, ein frhliches Zeichen, das das Leben feiert.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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