Die Dämonen des Krieges

Shownotes

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Gedanken zur Woche im Deutschlandfunk

Pfarrer Ebehard Hadem

aus Roth

Die Dmonen des Krieges 07.11.2025

Jesus und der Krieg das ist scheinbar kein Thema in der Bibel. Aber wer genauer hinsieht, entdeckt: Die Dmonen des Krieges sind gegenwrtig in den Evangelien. Die Bibelwissenschaft hat sich lange gewundert, warum Jesus mit seinen Jngern auf einem seltsamen Zickzackkurs durchs Land zieht: von Nord nach Sd, von Ost nach West, zurck in den Norden. Dann biegt er doch ab, Richtung Jerusalem im Sden.

Die Berner Neutestamentlerin Luzia Sutter Rehmann hat diesen Weg des Wanderpredigers Jesus mit den Truppenbewegungen des rmischen Militrs verglichen. Wenn man die Kriegsberichte des antiken Geschichtsschreibers Flavius Josephus liest, sagt sie, erkennt man: Jesus ist dem Zickzackkurs des rmischen Heeres gefolgt. Er ist immer wieder dorthin gegangen, wo Kreuzigung und Vergewaltigung, Vertreibung und Terror eine Spur der Verwstung im Land und in den Seelen hinterlassen haben. (1)

Den traumatisierten Menschen ist Jesus beigestanden. Oft kommen in den Heilungsgeschichten Dmonen vor. Das ist die Bildersprache der damaligen Zeit. Vielleicht stehen die Dmonen fr das, was Unterdrckung und Krieg mit Menschen machen. Von einem Dmon wird erzhlt, dass er den Betroffenen verstummen lsst (Markus 9,1429; Matthus 12,2230; Lukas 11,14-23). Es gibt Schreckenserfahrungen, fr die gibt es keine Worte. So wie viele nach dem Zweiten Weltkrieg nicht ber das sprechen konnten, was sie getan und erlebt haben.

Die Dmonen des Krieges darf man nicht heraufbeschwren. Aktuell befrchten viele: Putin will den Krieg ausweiten und weitere Lnder Europas angreifen. Denen, die vor einem Krieg warnen, unterstelle ich die besten Absichten. Aus groer Sorge pochen sie auf ein Realittsbewusstsein. Sie wollen vor naivem Wegducken bewahren.

Aber ich befrchte: In einigen Worten wird die Gefahr heraufbeschworen und verstrkt. Mich macht das kirre. Oft heit es, das ist unser Krieg. Aber so schrecklich Russlands Krieg gegen die Ukraine ist, noch greift Russland nicht ganz Europa an.

Ich war bei einer Konferenz von Krisenorganisationen. Dort hre ich: Wir sind nicht mehr im Frieden, sondern in der ersten Phase eines Krieges. Dazu gehren Spionagettigkeiten, Desinformation, Sabotage von Infrastruktur.

Moment mal, denke ich, gab es diesen dreckigen Hintergrund nicht schon immer? Jetzt verstrkt aber sind wir deswegen schon in einem Krieg? Realittssinn Ja. Aber geht es ein wenig zurckhaltender? Vor allem, wenn man sich ffentlich uert. Sonst wird man die Geister, die man rief, nicht mehr so leicht los. Es ist klug und verantwortungsvoll, sich vorzubereiten auf einen Fall, der hoffentlich nicht eintritt. Aber es ist etwas Anderes, ffentlich von Kriegsphasen zu reden, wo kein Krieg ist.

In den Sozialen Medien, in Talkshows, in ffentlichen Debatten wird hufig ein Szenario nach dem anderen diskutiert. Das hat nichts mit verantwortungsvoller Vorbereitung zu tun. Abschreckung ist die beste Verteidigung, heit es. Dem stimme ich zu solange Abschreckung nicht die einzige Strategie ist. Es braucht zustzlich alle anderen Mglichkeiten, um Frieden zu schaffen, wo aktuell Krieg herrscht, sowie Krieg zu verhindern und den Frieden zu schtzen.

Alles andere Reden macht kirre. Der Ausdruck kirre machen bedeutet ursprnglich zhmen, so wie Pferde gezhmt werden. Wilde Tiere zhmen ist schwer. Es kann leicht ins Gegenteil umschlagen, nmlich das Tier verstren, unruhig, nervs machen. Kirre machen wird dann schnell zum irre machen.

Ich wnsche mir fr unser Reden ber Krieg und Frieden mehr von der ursprnglichen Bedeutung: die Worte zhmen. Behutsam sein mit dem, was ich sage, befrchte, androhe. Dem ffentlichen Herbeireden von Krieg ein Zaumzeug anlegen. Auf meine Worte achten. Den Dmonen des Krieges nicht jetzt schon Macht geben und das Sagen berlassen. Mehr von dem tun, was Jesus getan hat: Menschen beistehen in ihren ngsten und Befrchtungen.

Es gilt das gesprochene Wort.

(1) Luzia Sutter Rehmann, Dmonen und unreine Geister. Die Evangelien, gelesen auf dem Hintergrund von Krieg, Vertreibung und Trauma. Gtersloher Verlagshaus 2023, Seite 67 - 87

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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