Sankt Martin
Shownotes
Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/wort-zum-tage/15405/sankt-martin
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Pfarrerin Kathrin Oxen
aus Berlin
Sankt Martin 11.11.2025
Im Schnee sa, im Schnee sa, im Schnee da sa ein armer Mann / hat Kleider nicht / hat Lumpen an / O helft mir doch in meiner Not / sonst ist der bittre Frost mein Tod. Heute Abend wird das Lied von Sankt Martin wieder gesungen. berall finden Laternenumzge statt, mit Liedern, manchmal sogar mit einem echten Pferd. Und wenn die Eltern Glck haben, gibt es am Ende des Umzugs sogar einen Glhwein.
Ich habe vier Kinder und deswegen schon viele Martinsfeste mitgefeiert. Aber so richtig stimmungsvoll fand ich es meistens nicht. Gedrngel, Dunkelheit, ungemtliche Temperaturen oder Nieselregen und die altersgem niedrige Frustrationstoleranz von Kindern unterhalb des Schulalters - das war alles nie so meins. Auerdem mussten wir Eltern meistens vorher basteln.
Aber eigentlich ist es ja ein schnes Fest, habe ich mich dann oft selbst motiviert. Es geht um Mitleid, ums Teilen, um die Nchstenliebe, alles erstrebenswerte Dinge. Nur habe ich manchmal den Eindruck gewonnen: Diese schnen Botschaften kommen nicht bei allen Teilnehmenden vollstndig an. Einige streiten um das letzte Martinshrnchen oder schimpfen, weil sie sich fr die Grillwrstchen am semiprofessionell organisierten Verkaufsstand anstellen mssen. Ja, ich mchte auch mehr als ein Wrstchen und das dauert. Aber dann muss ich wenigstens nicht noch zuhause Abendessen machen.
Sankt Martin hat es schwer mit seiner Botschaft, finde ich. Besonders bei Martinsfesten. Aber dann habe ich in der Zeitung etwas gelesen, das mich sehr berhrt hat. Es war eine Umfrage im Anschluss an die unselige Stadtbild-Diskussion der letzten Wochen. Was strt Sie am meisten im Stadtbild?, wurden Berlinerinnen und Berliner gefragt, also Bewohner:innen der Stadt mit dem nach den gngigen Vorstellungen aller-, allerschlimmsten Stadtbild berhaupt. Und die meisten haben nicht gesagt: Gruppen junger Mnner mit Migrationshintergrund an Bahnhfen.
Sondern sie haben gesagt Obdachlose. Aber nicht, weil Obdachlose in Haufen aus Matratzen und Plastiktten unter der S-Bahn-Brcke leben oder man den U-Bahn-Waggon schnell verlassen muss, weil der Geruch nicht auszuhalten ist. Sondern weil die Obdachlosen den befragten Berlinerinnen und Berlinern einfach sehr leidtun. Weil sie Mitleid mit ihnen haben, wie sie dasitzen oder an der Ampel stehen und um ein paar Mnzen bitten.
Und weil offenbar niemand wei, wie man ihnen wirklich helfen kann. Im Schnee sitzen sie in Berlin meistens nicht. Aber an zugigen Stellen. Wenigstens gibt es einen Kltebus, Suppenkchen und Notbernachtungen fr sie. Und viele Sankt Martins und Martinas, ohne Schwert und Pferd und Mantel. Aber mit Mitleid und Nchstenliebe.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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