Heckenschere
Shownotes
Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Pfarrerin Kathrin Oxen
aus Berlin
Heckenschere 13.11.2025
Meine Freundin ist Pfarrerin wie ich. An ihrem freien Tag in der Woche hat sie Zeit, mir zu schreiben, was sie gerade macht. Neulich war das: Die Heckenschere suchen. Kein Wunder, sie hat ein groes Grundstck, und jetzt ist ja eine gute Zeit, um Sachen zurckzuschneiden. Und dann kam noch eine Nachricht: Sie habe die Heckenschere gefunden und werde jetzt anfangen, ber die Predigt nachzudenken.
Weil ich neugierig war, habe ich nachgeschaut, zu welchem Predigttext aus der Bibel sie sich mit ihrer Heckenschere Gedanken machet. Es war Jesu Aufforderung aus der Bergpredigt: Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen; bittet fr die, die euch beleidigen.
Feindesliebe mit der Heckenschere? Pfarrerinnen und Pfarrer sind ja bekannt dafr, dass es ihnen fast immer gelingt, auch die absonderlichsten Gegenstnde mit theologischen Inhalten zu verbinden. Also habe ich noch ein bisschen weitergedacht. Erst einmal: Eine Heckenschere ist ein Instrument der Kultivierung. Sie sorgt dafr, dass nicht alles wchst, wie es will, sondern in Form bleibt.
Jesu Aufforderung, die Feinde zu lieben, ist in einer Weise auch ein Instrument der Kultivierung. Denn seine Feinde zu hassen, das ist sozusagen etwas Natrliches. Aber das Gegenteil zu tun, dafr braucht es die Kraft, diesem natrlichen Impuls nicht einfach nachzugeben. Feindesliebe ist, wenn man so will, knstlich. Sie kultiviert unser Verhalten. Das gilt fr die kleinen Feindseligkeiten wahrscheinlich sogar noch mehr als fr die ganz groen.
Eine Heckenschere ist ein Instrument der Pflege. Sie muss regelmig zum Einsatz kommen, damit das Ergebnis von Dauer ist. Das ist mhsam, weil immer wieder etwas nachwchst. Auch die Feindesliebe ist kein Naturzustand, sondern das Ergebnis stndiger Mhe, immer das Gegenteil von dem zu tun, was eigentlich zu erwarten wre: Segnet, die euch fluchen, bittet fr die, die euch verfolgen.
Und dann ist mir zum Schluss noch eingefallen, was man ber eine Hecke sagen kann, besonders dann, wenn sie gut geschnitten ist mit einer Heckenschere. Dann friedet sie ein Grundstck ein. Auch der Frieden ist eben kein Naturzustand. Er muss kultiviert und gepflegt werden, nicht nur am Sonntag in der Predigt, sondern viel wahrscheinlicher unter der Woche mit dem Nachbarn bern Gartenzaun und in vielen anderen Beziehungen im Alltag. Ich wei nicht, wie weit meine Freundin an ihrem freien Tag mit ihrer Hecke noch vorangekommen ist. Mir hat sie mit ihrer Heckenschere eine fast fertige Predigt ber Feindesliebe beschert.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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