Warten
Shownotes
Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/wort-zum-tage/15429/warten
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Pfarrer Steffen Madloch
aus Berlin
Warten 27.11.2025
Noch ist nicht Advent. Aber man sprt: Er steht vor der Tr. In den Schaufenstern glitzert es lngst. Auf den Weihnachtsmrkten dampft der Glhwein. Und in mir beginnt das vertraute Kribbeln: Nur noch ein paar Wochen, dann ist es wieder soweit! Weihnachten. Das groe Fest der Erfllung. Und doch noch ist es nicht soweit. Wir stehen dazwischen. Zwischen Alltag und Advent. Zwischen Dunkel und Licht. Zwischen dem, was war, und dem, was kommen soll.
Das ist eine Herausforderung: das Dazwischen aushalten. Nicht sofort ins Nchste springen. Nicht das Warten berspringen.
Warten. Das klingt nach Stillstand, nach verlorener Zeit. Nach Schlange stehen, nach Geduld haben mssen. Wir leben in einer Zeit, die keine Pausen mag. Alles soll sofort gehen: Nachrichten in Sekunden, Pakete am selben Tag, Ergebnisse auf Knopfdruck.
Aber die Seele funktioniert anders. Sie wchst nicht im Eiltempo. Manchmal braucht das Leben seine Reifezeit. Wie der Teig, der gehen muss. Wie das Kind im Bauch. Wie eine Wunde, die heilen will.
Warten kann eine geistliche bung sein eine Art Training fr Vertrauen. Wer wartet, gesteht sich ein: Ich habe nicht alles in der Hand. Ich kann nicht beschleunigen, was reifen muss. Ich kann nicht bestimmen, wann die Antwort kommt nur, dass ich offen bleibe, wenn sie kommt.
Die Bibel ist voll von solchen Zwischenzeiten. Sara und Abraham warten auf ein Kind. Das Volk Israel muss in der Wste ausharren. Maria, die Mutter von Jesus, trgt neun Monate lang ein Geheimnis in sich. Und immer wieder gilt: Gott handelt, aber selten nach menschlichem Zeitplan.
Vielleicht ist das ja die Kunst, die ich in dieser Zwischenzeit ben kann: nicht eilen. Nicht alles sofort wollen. Aufmerksam bleiben. Lauschen, was im Werden ist.
Ein alter Satz aus der Bibel sagt: Alles hat seine Zeit. (Prediger Salomo 3) Das heit: Auch das Warten hat Sinn. Es ist nicht blo Leerlauf, sondern Raum fr das, was wachsen darf in uns und um uns herum.
Ich versuche, die Tage vor dem Advent so zu sehen: Nicht als lstige Wartezeit, sondern als Einladung, das Herz weit zu machen. Mich einstimmen auf das, was kommen will, aber noch nicht da ist. Nicht alles gleich schmcken, nicht alles gleich perfekt haben. Sondern der Sehnsucht Raum geben. Denn das ist ja der eigentliche Anfang von Advent: die Sehnsucht.
Sie ist das Licht, das schon jetzt in der Dunkelheit glimmt. Warten ist keine Schwche, sondern eine Strke. Ein Ausdruck von Hoffnung. Ein Zeichen des Vertrauens: Gott wird rechtzeitig kommen nicht zu frh und nicht zu spt.
Und ich: Ich bin unterwegs noch nicht angekommen. Aber ich vertraue darauf: Es wird Zeit.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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