Gut loslassen

Shownotes

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Gedanken zur Woche im Deutschlandfunk

Pfarrer Stephan Krebs

aus Langen

Gut loslassen 05.12.2025

Niemand muss ffentlich sagen, wenn er oder sie krank ist. Das ist etwas sehr Persnliches. Auer, die Krankheit wirkt sich negativ auf andere aus. Dann muss es doch gesagt werden. Meist bedeutet das: krzertreten, etwas aufgeben, loslassen. Wie mache ich das rechtzeitig und wrdevoll? Damit mssen sich die meisten irgendwann beschftigen, sptestens an der Schwelle zum Alter.

Das musste auch Thomas Gottschalk. Als charmanter Entertainer moderierte er Jahrzehnte lang die grten Fernseh-Shows. Dann merkte er: Sein Stern sinkt. Er hat sich zurckgezogen. Aber doch nicht so ganz. Die groe Bhne, die Aufmerksamkeit von Millionen Zuschauern das ist schwer loszulassen, wenn man es liebt.

Was braucht man, um gut aufhren zu knnen? Mir scheint, dafr braucht man zumindest eine gute Antwort auf diese Frage: Was bleibt mir und was bleibt von mir, wenn ich losgelassen habe?

Thomas Gottschalk hat den richtigen Zeitpunkt dafr verpasst. Ein Jammer. Vor drei Wochen moderierte er die Verleihung des Bambi-Preises. Doch statt als eigentlichen Star die Sngerin Cher anzukndigen, redete er vor allem von sich selbst. Er war unkonzentriert und machte peinliche Fehler. Dafr wurde er heftig kritisiert.

Gottschalk bat um Entschuldigung. Nach einem weiteren missratenen Auftritt machte er ffentlich: Er ist an Krebs erkrankt. Zum Zeitpunkt der Show musste er starke Medikamente einnehmen mit erheblichen Nebenwirkungen. Warum ist er trotzdem aufgetreten? frage ich mich.

Aber ich finde gut, dass er seine Situation erlutert hat. Damit knnen alle, die das wollen, Verstndnis und Mitgefhl aufbringen. Viele, auch ich, fhlen mit ihm. Andere knnen zumindest berlegen, ob der Tonfall ihrer Kritik angemessen war.

Thomas Gottschalk hat auf die harte Tour gelernt, was die meisten irgendwann auch verkraften mssen: fertigwerden damit, dass die eigenen Lebenskrfte schwinden. Dann muss man etwas aufgeben. Sei es das berufliche Ansehen, einen Leistungssport, Autofahren, die zu gro gewordene Wohnung oder anderes. Loslassen und Sich-neu-Orientieren sind harte Arbeit. Insbesondere wenn es um etwas geht, das bisher zum Sinn des Lebens gehrte.

Was mir dabei hilft, ist mein christlicher Glauben. Der spricht mir zu: Du bist ein Kind Gottes. Du hast eine unverbrchliche Wrde, unabhngig davon, wie gro oder klein du bist, wie stark oder schwach, wie prominent oder unbekannt. Der Glaube gibt dem Leben einen Sinn jenseits von allem, was ich tue oder habe. Egal wovon ich mich verabschieden muss: Ich verliere nie alles. Und ich wei: Es kommt ein neues Kapitel in der Geschichte Gottes mit mir. Das trgt mich. Die Schmerzen des Abschieds sind damit nicht weg. Aber es wird leichter, mit ihnen fertigzuwerden.

Beim Loslassen hoffe ich auch auf hilfreiche Menschen um mich herum. Dafr muss ich ihnen allerdings offen sagen, wie es um mich steht. Und ich muss sie ermutigen, Klartext zu reden, wenn es an der Zeit ist. Dann stoppen sie mich hoffentlich mit liebevollen und zugleich deutlichen Worten.

Aber eigentlich mchte ich es am liebsten selbst merken. Ich mchte erkennen, wenn ein Abschied ansteht. Den mchte ich dann mit klarem Kopf angehen. Wrdevoll, so gut ich kann. Was dabei zu einem passt, muss man selbst herausfinden. Das ist unterschiedlich.

Thomas Gottschalk tut das jetzt. Morgen will er seinen Abschied von der groen Bhne nehmen. Wie es zu ihm passt: ffentlich in einer Fernseh-Show. Begleitet von einer Kollegin und einem Kollegen. Ich wnsche ihm, dass es gelingt. Nicht peinlich und selbstverliebt, sondern wrdevoll. Auf seine Weise, also: leicht und schwer zugleich. Ernst und heiter vereint, Lcheln trifft Trne, gehalten in Gottes Hand - das wre mein Traum fr jedes gute Loslassen.

Es gilt das gesprochene Wort.

(1) https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/thomas-gottschalk-krebs-100.html

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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