Der Schatz im Acker

Shownotes

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Morgenandacht im Deutschlandfunk

Pfarrerin Jula Well

aus Unna

Der Schatz im Acker06.08.2022

Wenn die Felder abgeerntet sind, dann kann ich ihn manchmal sehen. Langsam geht er über ein Stoppelfeld. Er schreitet es ab, Stück für Stück. Stundenlang sagt er kein Wort. Mit Kopfhörern auf den Ohren schwenkt er einen Metalldetektor, geht immer nur langsam weiter, Schritt für Schritt, und schwenkt dabei die Sonde. Konzentriert lauscht er den Signalen der Spule.

Historisch und archäologisch interessiert sucht er so nach Relikten längst vergangener Zeiten. Die Lizenz dazu hat er vom Landschaftsverband WestfalenLippe und auch die Zustimmung des Grundstückbesitzers.

Der Metalldetektor schlägt häufig an. Es ist ein verlockender Ton. Die Aufregung steigt und dann wird gegraben, ganz vorsichtig, um nichts kaputt zu machen. Meist kommt dabei nicht mehr zu Tage als ein Nagel, eine Schraube oder ein Kronkorken. Aber der Sondengänger gibt nicht auf. Er sucht weiter. Und dann und wann gibt es unter der Oberfläche wirklich etwas zu entdecken. Eine Gewandnadel aus römischer Zeit zum Beispiel.

Unter der Oberfläche gibt es etwas zu entdecken. Davon spricht auch das Gleichnis vom Schatz im Acker. Jesus erzählt: »Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.« (Mt 13,44)

Unter der Oberfläche gibt es etwas zu entdecken. Davon spricht auch das Gleichnis vom Schatz im Acker. Jesus erzählt: Es gibt etwas zu entdecken, erzählt Jesus. Die Welt wie sie sich auf den ersten Blick darstellt, ist nicht alles. Unter der Oberfläche liegen Schätze verborgen. Zu entdecken gibt es eine Welt, in der das Himmelreich schon da ist. Zu entdecken gibt es Orte und Situationen, wo gute Mächte walten, wo sich Menschen treu umeinander sorgen. Wo Krankes heil wird und Verlorenes wiedergefunden.

Spannend an dem Gleichnis finde ich, dass der Schatz bei uns zu finden ist – nicht in einer anderen Welt, nicht jenseits unserer Wirklichkeit, sondern hier bei uns. Und auch das gehört zum Gleichnis: Hätte sich der Mensch nicht aufgemacht und den Schatz gesucht, er hätte ihn nicht gefunden. Hätte der Mensch nicht den Acker gekauft, hätte er nicht investiert, er hätte den Schatz nicht bekommen.

Ich mag an dieser Geschichte, dass der Mensch nicht einfach zuhause bleibt und bei sich denkt: »Ich kenne schon alles. Ich weiß, wie der Hase läuft.« Stattdessen macht er sich auf die Suche nach Unbekanntem und Verborgenem. Vielleicht hat er davon gehört, dass es so etwas wie einen Schatz gibt. Sicher aber kann er sich nicht sein – und doch macht er sich auf den Weg. Leidenschaftlich und umtriebig ist er. Der erwartet noch was. Ein Schatzsucher ist dieser Mensch.

Ich verstehe das so: Wer satt und erwartungslos auf seinem Sofa sitzen bleibt, der wird keinen Schatz finden. Einen Krümel in der Sofaritze vielleicht, aber keinen Schatz. Wer hingegen aufsteht und sich auf die Suche begibt, wer in der Welt unterwegs ist, wer das Feld abläuft, Stück für Stück, der kann etwas finden.

Ich verstehe das so: Zugegeben, manches Mal kommt dabei nicht mehr zu Tage, als ein Nagel, eine Schraube oder ein Kronkorken. Dann und wann aber gibt es unter der Oberfläche wirklich etwas zu entdecken. Und für einen Schatz, wie Jesus ihn beschreibt, da braucht es keinen Metalldetektor und auch keine Lizenz irgendeiner Behörde. Für diesen Schatz braucht es einen wachen Geist und Neugier. Es ist die Neugierde auf einen echten Schatz, auf ein Stück vom Himmelreich.

Ich verstehe das so: Es gilt das gesprochene Wort.

Literaturangaben:

Literaturangaben: Vgl. Dinkel, Christoph, Es gibt etwas zu entdecken. Predigt über Matthäus 13,44-46 am 3. Juli 2016, Christuskirche Stuttgart

Redaktion: Pfarrer Frank-Michael Theuer (frank-michael.theuer@gep.de)

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