Ausblick
Shownotes
Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/12997
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Vikarin Sabrina Fabian
aus Berlin
Ausblick 16.11.2022
Der heutige Tag hat einen Anspruch: Buß- und Bettag. Der Tag, der zur Umkehr aufruft. Der Tag, der mich auf die Momente blicken lässt, in denen ich nicht genug getan, nicht genug gegeben habe. Ich soll mich meinen Unzulänglichkeiten und Fehlern stellen.
Ziemlich anspruchsvoll, fordernd. Und das so früh am Morgen. Da ist mein erster Impuls, diesen Anspruch aufzuschieben, vielleicht auf die Zeit nach dem ersten Kaffee, auf morgen vielleicht oder auf eine Zeit, in der Rückblicke und gute Vorsätze dran sind – das neue Jahr ist ja nur noch gut sechs Wochen entfernt.
Ähnlich geht es dem biblischen Propheten Jeremia, als er mit dem Thema Umkehr konfrontiert wird. Gott hat offenbar ihn ausgewählt um zu sagen: Die Menschen in Jerusalem sollen ihr Ver-halten hinterfragen. Behandeln sie ihre Mitmenschen respektvoll? Sind sie ihrem Gott noch treu? Jeremia soll ihnen predigen, ihre Vergehen anprangern, und ihre Umkehr fordern im Namen Got-tes. Aber Jeremia fühlt sich nicht bereit dazu und sagt: „Ach, Herr, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung.“ (Jer 1,6) Jeremia will den Anspruch wegschieben, aufschieben, auf eine Zeit, da er reifer und erfahrener sein wird. Aber Gott lässt ihm das nicht durchgehen und bleibt bei seinen Forderungen. In dieser Situation fällt Jeremia ein Mandelzweig auf. „Du hast recht gesehen,“ sagt Gott da, „denn ich will wachen über meinem Wort, dass ich’s tue.“
Im Deutschen lässt sich das Wortspiel nicht heraushören, das der Kombination aus Gottes Ver-sprechen mit einem Mandelzweig zugrunde liegt. Denn das Hebräische Wort für Mandelzweig שָׁקדֵ
„Ich will wachen über meinem Wort, dass ich’s tue.“ Gott selbst beglei-tet den Prozess und behütet seinen jungen Propheten.
Jeremia blickt nicht nur auf sich selbst und seine Defizite, sondern sein Blick wird auch auf Gott und die Zukunft gelenkt. Und damit auf eine zukünftige Version seiner selbst, die nicht alleine durch das Ganze hindurch muss.
In der Kirche reden wir gerne von „Anspruch und Zuspruch“. Ein motivierendes Wortpaar, finde ich. Der Anspruch ist: Du musst was ändern. Der Zuspruch ist das göttliche Versprechen: Ich wer-de da sein und mitmachen. „Ich will wachen“ über deine Selbstbesinnung, deine Kursänderungen und deine Fortschritte.
Für den heutigen Tag, den Buß- und Bettag, heißt das: Die Umkehr wird uns zwar nicht abgenommen, aber wir sind nicht allein, wenn wir etwas ändern wollen, wenn wir schlechte Angewohnheiten
auf den Prüfstand stellen und ablegen wollen.
Es gilt das gesprochene Wort.
Pfarrer Reinhold Truß-Trautwein (reinhold.truss-trautwein@gep.de)
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