Von der Kunst des Improvisierens

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/13011

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrerin Julia Rittner-Kopp

aus München

Von der Kunst des Improvisierens 16.12.2022

Ouh, da müssen wir improvisieren... Das ist so ein Alltagssatz. Wenn alles drunter und drüber geht. Wenn keine einzige Dose Kokosmilch mehr da ist - und du kochst gerade ein thailändisches Curry. Oder der wohlformulierte und ausgedruckte Text für den Vortrag steckt in der anderen Tasche und du musst jetzt frei sprechen, eben improvisieren.

Es bedeutet, etwas ohne Vorbereitung tun, weil es unerwartet, unvorhergesehen kommt.

Das erschreckt viele und verunsichert. Die meisten lassen sich nicht so gern überraschen, möchten lieber alles gut planen. Dann fühlen sie sich sicherer, vorbereitet eben.

Wir haben unseren Alltag ganz gern im Griff. Dabei ist das eine Illusion. Es geht gar nicht. Immer wieder geschieht Unerwartetes und wir müssen damit umgehen. Und lernen es dann, mehr oder weniger. Wie Maria, als der Engel kommt. Maria muss improvisieren. Plötzlich schwanger. Aus heiterem Himmel. Völlig überraschend. Schockartig. Auch für Josef. Beide miteinander improvisieren sie… Diese ganze Bethlehem-Geschichte mit Herbergssuche, Hirten, Engel, Stern - ist eine einzige Improvisation.

Merkwürdigerweise gestalten wir in den Kirchen die Adventszeit so gar nicht spontan. Da hat alles seinen festen Ablauf. Die erste Kerze, die zweite Kerze usw. Der Aufbau der Krippe. Wo der Stern hängen soll. Welche Lieder wir singen werden. Und zu Hause: Ich hänge Sterne ins Fenster, schmücke Zweige, höre „Jauchzet frohlocket“ aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach, singe „Macht hoch die Tür“ - weil ich das brauche. Damit es Weihnachten wird. Als ob wir das machen könnten!

Manche Advents- und Weihnachtsvorbereitung steigert sich hinein in Perfektionismus. Da schau ich mir besser noch mal Maria an. Und höre noch mal, was sie zu dem Engel sagt: Mir geschehe, wie du gesagt hast. Mir geschehen lassen. Mich einlassen. Schauen, was geschieht. Nicht was mein Plan ist sondern, was vielleicht Gottes Idee sein könnte…

Ich glaube, Gott, der Schöpfer, ist gerne mal ein Improvisations-Künstler. Jesus - ein Impro-Künstler. Und die Heilige Geisteskraft erst recht so eine Künstlerin. Einer der Grundsätze im Impro-Theater lautet: Sag Ja UND statt Ja ABER.

So möchte ich improvisieren lernen. Für mein Leben. Und jetzt in der Adventszeit.

Ja UND.

Es gilt das gesprochene Wort.

Pfarrer Reinhold Truß-Trautwein (reinhold.truss-trautwein@gep.de)

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