Die weiße Taube

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/12507

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Thomas Jeutner

aus Berlin

Die weiße Taube21.04.2022

Der fünfstöckige alte Krankenhausbau aus gelben Klinkersteinen beeindruckt mich. Jede Woche gehe ich hier vorbei, im Park der Lazarus-Diakonie in Berlin-Wedding, an der Bernauer Straße, am alten Grenzort der Berliner Mauer. Der Klinikbau beherbergt heute Altenpflege-Stationen und ein Hospiz. Die hofseitige Fassade ist verziert mit rötlichen Steinen. Drei Medaillons heben sich ab. Zwei von ihnen zeigen das Rote Kreuz. Das Medaillon in der Mitte, und das berührt mich in diesen Tagen, ist aus Keramik gefertigt. Auf einem himmelblauen glasierten Hintergrund hebt sich, hell und erhaben, das Motiv ab: Eine weiße Taube. Im Schnabel trägt sie den Olivenzweig.

Der fünfstöckige alte Krankenhausbau aus gelben Klinkersteinen beeindruckt mich. Jede Woche gehe ich hier vorbei, im Park der Lazarus-Diakonie in Berlin-Wedding, an der Bernauer Straße, am alten Grenzort der Berliner Mauer. Der Klinikbau beherbergt heute Altenpflege-Stationen und ein Hospiz. Die hofseitige Fassade ist verziert mit rötlichen Steinen. Drei Medaillons heben sich ab. Zwei von ihnen zeigen das Rote Kreuz. Das Medaillon in der Mitte, und das berührt mich in diesen Tagen, ist aus Keramik gefertigt. Auf einem himmelblauen glasierten Hintergrund hebt sich, hell und erhaben, das Motiv ab: Gerne würde ich etwas erfahren über die Bauleute, welche diesen Flügel vom Krankenhaus errichtet haben. Es war das Jahr 1867. In den nahen Eisenhütten und Lokomotivfabriken fanden Tausende Menschen Arbeit. Hier im Feuerland, wie der Stadtteil im Volksmund hieß, konnte man für schwere Arbeit etwas Geld verdienen – und krank werden. Das Lazarus-Krankenhaus war für die arme Bevölkerung geplant.

Aber die ersten, die hier behandelt wurden, sind Soldaten gewesen - mit lebensgefährlichen Verletzungen. In Berlin waren zehntausende Verwundete angekommen, vom Deutsch-Österreichischen Krieg. Vor dem Hintergrund der vielen verletzten und getöteten Soldaten muss jemand auf die Idee mit dem Medaillon gekommen sein: das biblische Friedenszeichen, die weiße Taube.

Aber die ersten, die hier behandelt wurden, sind Soldaten gewesen - mit lebensgefährlichen Verletzungen. In Berlin waren zehntausende Verwundete angekommen, vom Deutsch-Österreichischen Krieg. Vor dem Hintergrund der vielen verletzten und getöteten Soldaten muss jemand auf die Idee mit dem Medaillon gekommen sein: Was mögen die Menschen erhofft und gebetet haben, die durch alle Jahrzehnte seitdem unter der weißen Taube entlang gingen? Die Klinik wurde abwechselnd ziviles Krankenhaus und Lazarett. Es kam bald der Deutsch-Französische Krieg, gefolgt vom Ersten und dem Zweiten Weltkrieg. Im Kalten Krieg wurde direkt vor der Klinik die Berliner Mauer errichtet. Verwundete Flüchtlinge aus Ost-Berlin wurden hier behandelt – oder sind an ihren Verletzungen gestorben.

Aber die ersten, die hier behandelt wurden, sind Soldaten gewesen - mit lebensgefährlichen Verletzungen. In Berlin waren zehntausende Verwundete angekommen, vom Deutsch-Österreichischen Krieg. Vor dem Hintergrund der vielen verletzten und getöteten Soldaten muss jemand auf die Idee mit dem Medaillon gekommen sein: Die Friedenstaube, im Medaillon, hebt unermüdlich ihre weißen Schwingen. Als wollten sie mit ihrer Helligkeit alles Dunkle aus der Geschichte vertreiben. Vielleicht, um jene zu trösten, die heute auf dem Lazarus-Campus wohnen. Jetzt gehören Menschen aus der Ukraine dazu. Verstört und verzweifelt sind sie angekommen. Die biblische Herkunft der Friedenstaube führt zur alten Legende von der Sintflut, verdichtete Erfahrung von Bedrohung und Untergang der Menschheit. Wieviel Leid mag sich jenen in die Seele geschrieben haben, die von Noah und den Überlebenden erzählten? Sie berichteten auch von der Rettung. Als Zeichen für den Neuanfang wählten sie die Taube, mit dem Olivenzweig. Das Medaillon an der Klinikfassade ist so alt, und so brennend aktuell, wie unsere Sehnsucht nach Frieden.

Aber die ersten, die hier behandelt wurden, sind Soldaten gewesen - mit lebensgefährlichen Verletzungen. In Berlin waren zehntausende Verwundete angekommen, vom Deutsch-Österreichischen Krieg. Vor dem Hintergrund der vielen verletzten und getöteten Soldaten muss jemand auf die Idee mit dem Medaillon gekommen sein: Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Reinhold Truß-Trautwein (reinhold.truss-trautwein@gep.de)

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