Endlich kommt Papa

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/13522

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Michael Becker

aus Kassel

Endlich kommt Papa 29.06.2023

Endlich kommt Papa. Vor dem großen Bahnhof tippelt das Kind schon viele Minuten von einem Bein aufs andere. Die Oma hat Mühe, es festzuhalten. Sie passt auf, dass dem Kind nichts passiert. Und trotz der Hopserei schaut das Kind immer nur in die eine Richtung, biegt seinen Körper, stellt sich auch mal auf seine Zehenspitzen - um bloß nicht zu verpassen, wenn er aus dem Bahnhof ins Freie tritt. Dann endlich kommt Papa. Jetzt gibt es kein Halten mehr. Nur Rennen Richtung Papa. Und auch der Papa lässt seinen Koffer stehen und läuft dem Kind entgegen. Mitten auf dem großen Platz fallen sie sich um den Hals. Das Kind streckt sich dabei, Papa muss sich bücken. Beide umschlingen einander. Die Oma hat sich in der ganzen Zeit überhaupt nicht bewegt, sie kennt dieses Glück. Ihr Gesicht spricht Bände der Freude.

Gibt es Schöneres auf Gottes Erde? Auf unserer manchmal so schönen und manchmal so armseligen Erde? Wo süße Früchte wachsen und Menschen Krieg führen? Zwei rennen sich in die Arme. Kind und Papa oder Mama, Mann und Frau, Opa und Oma, zwei Freundinnen oder wer immer. Zwei, die einander nötig haben. Die sich wieder haben und glücklich sind. Sonst ist da so oft nur der Kampf um die besten Plätze, das Wichtigtun und sich Aufblasen. Sonst gilt oft nur das Gesetz des Stärkeren und des Rechthabens. Oder es herrscht Gram und Bitterkeit. Der Mensch kann des Menschen Angst sein.

Hier aber ist nichts davon. Hier sind zwei, die einander vermisst haben, weil sie sich brauchen. Sie fühlen das und sind froh, sich wiederzuhaben. Nach ein paar Stunden oder Wochen. Vielleicht war der Papa wegen seiner Arbeit weg - oder er hat jemanden besucht. Jetzt endlich kommt er zurück. Ein anderes Mal die Mama. Das Kind wacht schon früh auf, kommt schnell aus dem Bett und zählt dann die Minuten. Oder die Frau eilt zum Bahnhof, um ihren Mann abzuholen. Sie gehen einander nicht aus dem Weg; sie haben sich nötig. Es gibt nichts Schöneres auf Gottes Erden als so ein Wiedersehen mit einer innigen Umarmung. Liebe ist nötig haben. Und die Zeit bleibt kurz stehen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Pfarrer Reinhold Truß-Trautwein (reinhold.truss-trautwein@gep.de)

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