Zelte im Kopf

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/13674

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Vikarin Sabrina Fabian

aus Berlin

Zelte im Kopf 12.08.2023

Petrus hat eine Idee für die außergewöhnliche Lage, in der er sich befindet. Mit anderen bedeutenden Männern steht er auf einem Berg: Jesus, die Jünger Jakobus und Johannes sowie zwei große Gestalten der Geschichte: Elia und Mose. Ein starker, ein heiliger Moment, davon ist Petrus überzeugt. Also macht er einen Vorschlag, der die anderen Jünger sehr überrascht: „Lehrer“, so spricht er Jesus an, „es ist so gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Zelte aufschlagen: eins für dich, eins für Mose und eins für Elija.« Das bricht einfach aus ihm heraus. In der Bibel heißt es, etwas entschuldigend, weiter: „Denn Petrus wusste nicht, was er sagen sollte – so sehr waren sie von Furcht erfüllt.“ Dabei hat Petrus eine konsequente, wenn auch leicht übertriebene Handlung für ein unbedingtes Bedürfnis vorgeschlagen: Er fühlt sich wohl unter diesen Männern, die mit Gott Großes erlebt haben. Petrus will verhindern, dass dieser Moment vorbei geht. Er will ihn festhalten, ihn verlängern, ihm einen Ort geben, damit er sich niederlassen kann. Zumindest zelten soll dieser Moment auf dem Berg können. Alle, die da sind, sollen bleiben. Vielleicht hat Petrus Fragen an die heiligen Männer, vielleicht genießt er einfach ihre Gegenwart, womöglich auch den erfrischenden Wind auf dem Berg und den Ausblick.

Ein Zelt aufschlagen, einem Moment eine Bleibe schaffen – das machen viele. Wir wollen das Besondere festhalten und möglichst verlängern. Bilder und Gedankenstützen schaffen, damit man sich später wieder zurückversetzen kann.

Ich selbst habe viele Zelte im Kopf. Jedes für einen Sinneseindruck, der fest in mir bleiben soll. Im Urlaub in Kolumbien behielt ich den Geschmack des Limonen-Kokosshakes bei mir, den man bei jeder Gelegenheit getrunken hat, weil er so herrlich erfrischte. Diesem Geschmack habe ich in meiner Erinnerung ein Zelt gebaut und er übernachtet dort noch immer.

Den Geruch meines ersten Freundes. Er roch nach Weichspüler, als wir uns zum ersten Mal geküsst haben. Der Geruch hat immer noch sein Lager in meinem Gedächtnis aufgeschlagen.

Ich habe diesen Sinneseindrücken ein Zelt in meiner Erinnerung aufgebaut und sie eingeladen: „Es ist so gut, dass ihr hier seid! Bleibt noch ein wenig. Gerne für länger.“

Petrus hämmert dann doch keine Heringe in den Boden und spannt keine Tücher auf. Sie verbringen keine Nacht auf dem Berg, sondern steigen wieder hinab. Aber in seiner Erinnerung steht ein Zelt, in dem er diesen Moment eine Bleibe eingerichtet hat.

Es gilt das gesprochene Wort.

Pfarrer Reinhold Truß-Trautwein (reinhold.truss-trautwein@gep.de)

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