Als Gott einmal klingelte

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/13710

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Michael Becker

aus Kassel

Als Gott einmal klingelte 03.11.2023

Neulich hat Fredy das Wir entdeckt. Unfreiwillig. Und das kam so. Fredy mochte keine Menschen, so hat er es manchmal erzählt. Er war lieber für sich, wenn möglich. Bei der Arbeit und im Mietshaus. Manchmal auch im Gasthaus. Da war er der mit dem Einzeltisch. Wenn es nicht anders ging, grüßte Fredy auch. Aber mehr grau als hell. Also wie nebenbei und eher unfreundlich. Dabei guckte er zur Seite und blieb dann für sich. Fredy ging auch nicht gerne aus. Nur wenn’s sein musste und wenn er nichts mehr daheim hatte zum Essen. Menschen waren ihm einfach zu viel, sagte er immer. Und brach sich eines Tages den Arm und seine rechte Hand. Heftig. Er musste kurz ins Krankenhaus. Dann schickte man ihn heim. Da saß er in seinem Sessel. Und wusste nicht mehr weiter. Bis Gott bei ihm klingelte.

Nein, natürlich nicht Gott selber. Aber der Nachbar, der junge Mann von oben. Der guckte im Haus immer mal so um sich und hatte das mitbekommen mit Fredys Unglück. Jetzt stand der junge Mann vor Fredys Tür. Er grüßte und fragte: Könnte ich vielleicht etwas tun für Sie? Einkaufen oder mal waschen oder so? Fredy war sprachlos, hilflos. Er stand da mit seinem Gipsarm und sagte erst nur: Äh … äh… Dann fiel ihm zum Glück ein, was man in so einem Moment macht. Und sagte: Ach, kommen Sie doch mal kurz rein.

So fing das an. Fredy, der Menschen nicht mochte, entdeckte das Wir, könnte man sagen. Er war in einer misslichen Lage. Ein Fremder klingelte bei ihm. Und Fredy merkte nach einer kleinen Weile, dass dies jetzt sein Glück sein könnte. Nicht nur könnte. Es war sein Glück. Er hatte Hilfe. Unverhofft, aber herrlich. Menschen sind doch nicht nur da zum aus dem Weg gehen, denkt Fredy heute. Er ist immer noch kein Menschenfreund. Aber immerhin grüßt er jetzt ein bisschen heller. Und schaut schon mal etwas genauer hin. Vielleicht kann ich ja auch mal ‘was helfen, denkt er. Es eilt ihm damit nicht. Aber etwas zurückgeben möchte er schon. Irgendwann. Helfen hält uns zusammen. Das denkt sogar Fredy jetzt. Manchmal. Nur weil Gott im rechten Moment bei ihm klingelte.

Es gilt das gesprochene Wort.

  Redaktion: Pfarrer Dr. Thomas Dörken-Kucharz (thomas.doerken@gep.de)

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