Momentaufnahmen des Glücks

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/13711

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Michael Becker

aus Kassel

Momentaufnahmen des Glücks 04.11.2023

Es war schon dunkel. Wir kommen aus dem Lokal, nach einem ausgelassenen Abend. Geredet haben wir über fast alles. Dann verabschieden wir uns. Aber der Kollege holt nochmal tief Luft. Er zögert. Dann sagt er leise und klar: Weißt du, man kann im Leben zu viel klagen; aber man kann nie zu viel danken. Nach diesem Satz scheint er wie erschöpft. Er wartet auch nicht auf Antwort, sondern geht einfach fort. Und ich stehe da und denke: Ja, Recht hat er. Man kann im Leben zu viel klagen; aber man kann nie zu viel danken. Mir fällt gleich ein, wie ich manchmal jammern und klagen kann, wenn mir etwas nicht passt. Wenn es nicht vorangeht mit der Zusammenarbeit oder mir etwas weh tut. Jammern fällt dann leicht, auch, weil viele es so machen. Jammern ist fast ein Hobby geworden, das viele betreiben. Manche leider von morgens bis abends.

Und wenn man es mal umdrehen würde? Nicht zuerst jammern, sondern zuerst danken - wie wäre das denn? Das Jammern kurz zur Seite schieben und nach dem suchen, was schön war und ist? Das könnte auch ein kleines Hobby werden. Vieles ist nicht schön im Leben und wird es so bald wohl auch nicht werden, das stimmt. Aber erst einmal will ich überlegen, wofür ich danken kann: meiner Nachbarin, dem Hausarzt und allen, die sich um mich kümmern; oder dass ich gut geschlafen habe und mir Essen und Trinken schmeckt. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich viel zu tun, um bloß keinen Dank zu vergessen. Und das Beste kommt ja noch. Ich habe das alles gar nicht verdient. Steht es mir zu, dass ich ein Dach über dem Kopf habe und genug zu essen und freundliche Menschen, die ich um Hilfe bitten darf? Die nicht lange fragen, sondern sich um mich kümmern? Habe ich das verdient - und wenn ja, womit?

Danken ist eine Momentaufnahme des Glücks. Weil ich ja oft mehr bekomme, als ich mir je verdienen könnte. An Nahrung, Kleidung, Verstand und Liebe. Davon habe ich nichts selber gemacht. Und ich bekomme es nicht nur einmal, sondern fast jeden Tag. Wenn ich daran denke, läuft gleich mein Herz über: Danke, lieber Gott. Und morgen bitte wieder.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Dr. Thomas Dörken-Kucharz (thomas.doerken@gep.de)

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