Was mich das Leben lehrt

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/12513

Transkript anzeigen

Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Michael Becker

aus Kassel

Was mich das Leben lehrt05.05.2022

Die Frage kam plötzlich. Und war großartig. Das Wochenendseminar weniger. Es drehte sich um Lebensfragen. Manche gähnten auch mal vor sich hin. Ich auch. Aber dann kam die eine Frage, und alle waren wach. Die Leiterin fragte: Wo wir doch jetzt viel mehr wissen über das Leben – möchten Sie dann lieber nicht gelebt haben?

Die Frage hatte es in sich, erinnere ich mich. Alle reckten ein wenig die Köpfe oder öffneten die müden Augen. Manchem blieb einen Moment der Mund offen stehen: Möchten Sie lieber nicht gelebt haben? Bald begann ein Gespräch. Erst zaghaft, dann lebendig. Die Antworten gingen hin und her und waren unterschiedlich. Manche regten sich auf und meinten, so dürfe man nicht fragen, wir hätten schließlich keine Wahl. Stimmt, sagte die Leiterin, aber Gedankenspiele sind doch mal ganz schön. Sie könnten helfen, das Leben von allen möglichen Seiten zu betrachten.

Mir hat die Frage geholfen. Ich habe sie immer bei mir getragen. Und wenn ich mich das heute frage, sage ich eindeutig: Ja. Ja, ich möchte das Leben gelebt haben; ich möchte leben. Das heißt nicht, dass das Leben immer schön ist. Es gibt ja gerade in diesen Tagen viele Menschen, die ihr Leben gar nicht schön finden, manchmal wie eine Last oder einen Schrecken sogar. Aber ich möchte es leben, mein Leben. Ich möchte alles Schöne genießen dürfen und das Traurige, wenn es denn da ist, tragen oder mittragen. Ich möchte das Leichte und Schwere des Lebens haben dürfen. Das Leben lehrt mich ja etwas, auch wenn es das vielleicht gar nicht will. Es lehrt mich, was das Schönste am Leben überhaupt ist, nämlich: die Hoffnung. Ich hoffe gerne, dass etwas gut ausgeht. Und der Krieg bald ein Ende hat. Ich hoffe auch, dass eines Tages, wenn Gott es will, einmal alles gut wird. Und um zu hoffen, muss ich leben. Wenn ich nicht gelebt hätte, wüsste ich nicht, wie schön es ist zu hoffen. Das Hoffen auf Gott, der mehr vom Leben weiß als ich; der größer und weiter denkt. Jedes Mal, wenn ich auf etwas hoffe, wird mir ein bisschen leichter ums Herz. Schon das ist es mir wert, das Leben zu leben.

Mir hat die Frage geholfen. Ich habe sie immer bei mir getragen. Und wenn ich mich das heute frage, sage ich eindeutig: Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Reinhold Truß-Trautwein (reinhold.truss-trautwein@gep.de)

Weitere Sendungen, Informationen, Audios und mehr finden Sie unter:

http: //rundfunk.evangelisch.de/kirche-im-radio/dradio/worte-zum-tage

Facebook: https://www.facebook.com/deutschlandradio.evangelisch

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.