"Erbsünde" Homophobie

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/12518

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Florian Ihsen

aus München

„Erbsünde“ Homophobie18.05.2022

Er steht an einem Fußgängerüberweg. Ein Auto kommt, mit ein paar Kerlen drin. Sie lehnen sich zum Fenster raus und rufen „fag“, Schwuchtel. Und werfen einen leeren Milchkarton auf ihn.

Der Milchkarton hat nicht weh getan. Aber das „fag“ schon. Woran haben sie mich erkannt? fragt er sich. Ich seh doch gar nicht schwul aus, oder doch? Muss ich‘s besser verstecken?

Panti, ein schwuler Mann und Künstler, erzählt davon in einem Theater in Dublin und sagt am Ende zum Publikum: „Ich glaube, dass Sie alle homophob sind. Ich bin nämlich auch homophob.“

Panti, ein schwuler Mann und Künstler, erzählt davon in einem Theater in Dublin und sagt am Ende zum Publikum: Das Video von Panti beschäftigt mich. In jedem Menschen steckt Homophobie, sogar in homosexuellen Menschen selbst. Niemand weiß, wie es wäre, in einer nicht-homophoben Welt zu leben. Heute gibt es zwar die „Ehe für alle“. Trotzdem werden LGBT-Menschen immer noch häufig Opfer von Gewalt. Homophobie hat ein neues Kleid und neue Sprachmuster. „Jetzt könnt ihr heiraten – was wollt ihr denn noch?“ „Ich bin ja ganz liberal“. „Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber…“ „Ich kenn queere Künstler*innen, wir sind doch weltoffen.“ Wirklich?

Panti, ein schwuler Mann und Künstler, erzählt davon in einem Theater in Dublin und sagt am Ende zum Publikum: Homosexualität ist wie ein Graffiti, das man im Museum als Kunst bewundert, aber bitte nicht an der eigenen Hauswand.

Panti, ein schwuler Mann und Künstler, erzählt davon in einem Theater in Dublin und sagt am Ende zum Publikum: Ja, Homophobie bleibt präsent und bricht sich oft Bahn. Am schlimmsten in letzter Zeit in den Äußerungen von Kyrill, dem russisch-orthodoxen Kirchenoberhaupt in Moskau, der den Angriff auf die Ukraine rechtfertigt damit, dass man Gay-Pride-Paraden verhindern müsse. Homophobie als Rechtfertigung für Krieg...

Homophobie stößt mich auf einen alten Gedanken des Christentums: In jedem Menschen gibt es etwas, das ihn von sich selbst, von seinem Mitmenschen, von Gott trennt. Die Angst, das Leben zu verfehlen. Es ist eine weitergegebene und gemeinsam kultivierte Angst. Erbsünde haben Theologen früher diese Angst, diese Entfremdung genannt. Und diese sogenannte Erbsünde hat mit Homophobie viel gemeinsam. Man wird sie nicht wirklich los. Und man gibt sie weiter, ungewollt und unbewusst.

Auch wenn die Kirchen Homophobie oft verstärkt haben, glaube ich: Religion ist die entscheidende Quelle, die Homophobie heilen kann. christlicher Glaube heißt: Ich kann Ja zu mir sagen, weil ich weiß: Gott sagt Ja zu mir, ob ich mich selbst annehmen kann oder nicht oder nur ein bisschen. Gott sagt Ja zu mir, auch wenn ich mich selbst oder andere ablehne oder mich schäme. Wenn ich dieses Ja höre und annehme , muss ich keine Angst davor haben, wenn andere anders sind.

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=WXayhUzWnl0

Quelle: Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Reinhold Truß-Trautwein (reinhold.truss-trautwein@gep.de)

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