Schokolade zum Fühstück

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/14175

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Hannah Clemens

aus Wernigerode

Schokolade zum Frühstück 17.04.2024

Ich zerbreche den alten Schokoosterhasen und verteile die Schokostückchen auf meinem Brötchen. In Gedanken reise ich an einen Ort, wo es jeden Morgen dieses Frühstück gab: Schokostückchen auf Brötchen. Dazu wahlweise Kakao, Chlorwasser oder Krümeltee. An diesem Ort muss man alles mit dem Löffel essen, weil es kein anderes Besteck gibt. Dort sang ich Lieder in Französisch, Lateinisch, Russisch und vielen anderen Sprachen. Dort kommen bis zu 5000 junge Menschen verschiedener Nationen und Konfessionen für eine Woche zusammen und probieren das geistliche Leben in Gemeinschaft.

Ich bin gedanklich in Taizé, einem Dorf nördlich von Cluny. 1940 bezog der spätere Frère Roger ein verlassenes Haus in diesem kleinen Ort in Frankreich. Dort beherbergte er Flüchtlinge und versteckte Juden vor der Gestapo. Nach Kriegsende versorgte er deutsche Kriegsgefangene. Er glaubte an die Kraft der Versöhnung. Darum wollte Frère Roger, dass Taizé ein Ort der Aussöhnung zwischen allen Menschen christlichen Glaubens wird. Vor 75 Jahren gründeten er und sechs andere in Taizé die erste ökumenische Brüdergemeinschaft der Kirchengeschichte. Von Anfang an war die Gemeinschaft mit der evangelischen und der katholischen Kirche verbunden. Sogar orthodoxe Priester lebten zeitweise in Taizé.

Taizé ist wie ein Bienenstock, die Brüder sind wie die Bienen, die in die Welt fliegen. Sie wirken in verschiedenen Ländern und Kirchen und in den ärmsten Regionen. Dann kehren sie nach Taizé zurück und schöpfen neue Kraft.

Durch ihre ökumenische und internationale Prägung pflegt die Kommunität Verbindungen zu allen Seiten vieler Konflikte. Nach Russland und in die Ukraine, nach Palästina und nach Israel. Mit welcher Haltung kann das gelingen? Der neue Prior Frère Matthew sagt dazu: 

„Wir müssen immer den Menschen im Blick haben. Wir sind alle nach Gottes Bild geschaffen. […] Wenn wir uns nach der Einheit der Christen sehnen, […], dann geht es nicht darum, als Christen stärker zu sein als andere, sondern um eine größere Chance für Frieden in der Menschheitsfamilie, […].“ (1)

Taizé ist mehr als ein Jugendtreff, mehr als Schokolade zum Frühstück. Taizé zeigt mir, wie Versöhnung innerhalb und außerhalb der Kirche möglich ist: Wenn Verstehen wichtiger wird als Verstanden werden und ich in dem anderen zuerst einen von Gott geliebten Menschen sehe, dann bin ich einem friedlichen Miteinander ein Stück nähergekommen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Literaturangaben:

1) https://www.domradio.de/artikel/neuer-taize-prior-im-grossen-interview

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

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