Himmelsweit

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/14207

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fWort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrerin Angelika Scholte-Reh

aus Kroppen

Himmelsweit 28.06.2024

Lea möchte getauft werden und ihre Eltern erfüllen gern den Wunsch der Vierjährigen. Gemeinsam mit ihrer Mutter hat sie sich einen Bibelvers zur Taufe ausgesucht: „Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.“ (Psalm 36,6)

Beim Taufgespräch beschreibt Lea mit ausholenden Gesten, warum ihr dieser Vers gefällt: Sie liebt es, mit ihrer Mutter im Gras zu liegen und in den Wolken Formen und Figuren zu entdecken. „Weißt du,“ sagt sie, „am Sonntag war da ein Wolkenpferd und ein Drache, der Feuer gespuckt hat. Und dann habe ich einen Engel mit Flügeln gesehen.“ Sie strahlt mich an, und ich liege in Gedanken neben ihr im sonnenwarmen, duftenden Gras und sehe den Wolken zu. Ich atme tief und spüre, wie meine Brust weit wird und mit ihr meine Gedanken. Himmelsweit ist Gottes Güte, grenzenlos, und seine Wahrheit ist weiter als das, was wir sehen und verstehen können.

Mich versetzt dieser Bibelvers in die flache Landschaft meiner Kindheit. Gottes Güte – so weit der Himmel ist. Der Himmel beginnt da, wo die Erde sich krümmt, jenseits des Kirchturms des nächsten Dorfes, den ich vom Dachfenster unseres Hauses sehen konnte. Von da aus wölbt der Himmel sich übers Land wie ein großes Dach, an dem die Wolken von einer zur anderen Seite ziehen und dann dort verschwinden, wo Himmel und Erde sich begegnen.

„Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist.“ Gottes Güte ist unendlich groß. Gott meint es gut mit uns, auch wenn wir Fehler machen, auch wenn wir uns selbst so, wie wir sind, nicht mögen. Gottes Gut-Sein mit uns ist ohne Anfang und ohne Ende so wie der Himmel.

Gottes Wahrheit reicht, so weit die Wolken gehen. Die vierjährige Lea entdeckt in den Wolken immer neue Formen. Das ist ein schönes Bild für die Wahrheit: Sie ist nicht starr, sondern sie bewegt sich. Sie weckt die Phantasie. Sie ist nicht in Stein gemeißelt, sondern sie beschreibt wie die Wolken die Weite des Himmels. Wir Menschen sehen nur von Horizont zu Horizont. Unser Blick ist beschränkt. Doch ist der Horizont nicht mehr als die Grenze unseres Sehens. Dahinter geht es weiter.

Lea hat ein Gespür dafür. Der Himmel wird sich über ihr ausbreiten, wohin auch immer sie in ihrem Leben geht. Das haben wir ihr bei ihrer Taufe zugesprochen, denn Gottes Güte ist himmelsweit und seine Wahrheit wolkenleicht und vielfältig. Ich wünsche Kindern wie Lea und Erwachsenen wie mir, dass wir uns hin und wieder ins Gras legen, den Wolken bei ihrem Zug über den Himmel zusehen und daran denken: Gottes Güte reicht, so weit der Himmel ist.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

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