Jetzt ist aber Sabbat!

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/14391

Transkript anzeigen

Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrerin Silke Niemeyer

aus Münster

Jetzt ist aber Sabbat! 27.07.2024

Ein bisschen schaukeln und gemütlich rumhängen. Einatmen. Ausatmen. Vor allem: schlafen, viel schlafen. Wenn die anderen wachwerden und aufstehen, vielleicht ein Auge öffnen, langsam. Auge wieder schließen und weiter dösen. So macht es das Faultier. Und zwar den lieben langen Tag. Es hat keine Hängematte; es ist quasi eine Hängematte, so wie es am Baum hängt. Ab und zu greift es mit langem Arm nach einem leckeren Blatt und kaut. (1) Faultier müsste man sein. Nicht immer, klar, das wäre langweilig. Aber wenigstens einen Tag in der Woche.

Faultier muss man sein! Einen Tag in der Woche! Jedenfalls wenn es nach den Zehn Geboten geht. „Denke an den Sabbat! Er soll dir heilig sein.“ steht da. „Sechs Tage sollst du arbeiten und alles tun, was du zu erledigen hast. Aber der siebte Tag ist ein Ruhetag. Er gehört ihm, deinem Gott.“ Zugegeben, der Sabbat ist nicht zum Rumhängen gedacht, aber dazu, dass endlich mal Schluss ist mit Schuften und Rackern und Raffen und Schaffen. Die Idee, dass das Leben einen solchen Tag in der Woche braucht, ist im Judentum entstanden: eine Idee, die immer schon aus der Zeit gefallen schien und für die immer gekämpft, die immer verteidigt werden musste. Der römische Philosoph Seneca machte sich lustig über die Juden, die „etwa den siebten Teil ihres Lebens mit Nichtstun verlieren".

Das älteste der Sabbatgebote in der Bibel lautet so: „Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun, aber am siebten Tag sollst du aufhören, damit dein Rind und Esel ausruhen und der Sohn deiner Sklavin und der Fremde aufatmen.“ (Exodus 23,12) Das muss man sich mal klarmachen! Der erste Gedanke, warum ein freier Tag sein muss, gilt den Lasttieren, den Kindern der Sklavin und den Gastarbeitern, den schwächsten der Schwachen. Denen also, die am meisten ausgebeutet werden, sich am wenigsten wehren können und die niederste Arbeit tun. Was für eine Menschlichkeit!

Und noch viel mehr als Menschlichkeit, das ist das Aufregende an diesem uralten Gebot, zumal in Zeiten der Klimakrise: Da ist schon mitgedacht, dass auch das Tier einen freien Tag haben muss, und mit ihm die Erde, die an einem Tag in der Woche nicht gepflügt und beackert wird.

Der Sabbat, der Sonntag oder wie auch immer der wöchentliche freie Tag für alle heißen mag – er ist eine wunderbare Erfindung. Nicht genug zu loben und zu preisen. Also: Finger weg vom Feiertag! Die Bibel sagt: Er gehört Gott. Anders gesagt: Er ist unverfügbar. Er gehört nicht der Chefin, nicht dem Geld, nicht der Gier, auch nicht meinem Homeoffice. Er ist frei. Und er befreit. So muss es bleiben.

Es gilt das gesprochene Wort.

Literaturangaben:

(1) Die unnachahmliche Beschreibung des Faultiers habe ich gefunden: Bibi Dumon Tak, Kuckuck, Krake, Kakerlake. Das etwas andere Tierbuch. München 2009

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

Weitere Sendungen, Informationen, Audios und mehr finden Sie unter:

http://rundfunk.evangelisch.de/kirche-im-radio/dradio/worte-zum-tage

Facebook: https://www.facebook.com/deutschlandradio.evangelisch

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.