Unkräuter

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/12527

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Hannes Langbein

aus Berlin

Unkräuter02.06.2022

Was macht der Mann da bloß? – Ein mittelalter Herr mit einer Gießkanne in der Hand steht mitten auf einer Wiese im kniehoch gewachsenen Gras ganz in der Nähe des Berliner Reichstags. Keine Blumen zu sehen, keine Beete, die man pflegen könnte, nur wild gewachsenes Gras und Unkraut… Der eigentümliche Herr gießt das Gras und das Unkraut im überwucherten Niemandsland. Warum macht er das bloß?

Der eigentümliche Herr heißt Lois Weinberger und ist Künstler. Lois Weinberger stammt aus Österreich und gehört zu den Pionieren der Land-Art: Künstler, die mit und in der Natur arbeiten. Lois Weinberger ist schon in den 1970er Jahren für seine ironisch-humorvollen Installationen und Performances in der Natur bekannt geworden: Ihn interessierten die geordneten Verhältnisse von Gärten und angelegten Parks nicht. Stattdessen setzte er sich in einer Art botanischem Ungehorsam für das Recht der Unkräuter ein, verstand sie als schützenswertes Beikraut, das man hegen und pflegen müsse – so wie das Unkraut auf dem ehemaligen Todesstreifen in Berlin in der Nähe des Reichstags, das er 1990 liebevoll mit seiner Gießkanne pflegte und sich dabei fotografieren ließ.

„Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon.“ So erzählt Jesus seinen Jüngern im Gleichnis vom Unkraut und vom Weizen. Die Jünger fragen: „Sollen wir das Unkraut ausreißen, damit es die guten Pflanzen nicht überwuchert?“ – Jesus antwortet: „Nein, auf dass ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet.“ – Es kann nämlich passieren, dass man Unkraut und Nicht-Unkraut gar nicht auf den ersten Blick unterscheiden kann. Wer weiß, was einmal daraus werden kann!

„Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon.“ So erzählt Jesus seinen Jüngern im Gleichnis vom Unkraut und vom Weizen. Die Jünger fragen: Das berührende Bild von Lois Weinberger macht diese Überlegung konkret. Es ist auch eine Liebeserklärung an die Schöpfung und ihre vielfältigen Gewächse, die viel bunter sind, als wir es mit unseren Kräuterkategorien benennen und einordnen können. Sind denn Kräuter und Unkräuter so einfach zu unterscheiden? Gibt es nicht Unkräuter, die schöner und nützlicher sind als manche Zierpflanze? Beide gehören zum Weinberg des Herrn, dessen Pflege uns Menschen aufgeben ist. Und sei es mit der Gießkanne im Niemandsland unserer Städte.

„Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon.“ So erzählt Jesus seinen Jüngern im Gleichnis vom Unkraut und vom Weizen. Die Jünger fragen: Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Reinhold Truß-Trautwein (reinhold.truss-trautwein@gep.de)

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