Barfuß gehen

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/14455

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Martin Vorländer

aus Frankfurt am Main

Barfuß gehen 24.08.2024

Eines der Dinge, die ich am Sommer liebe, ist: barfuß gehen. Unter der Woche, wenn ich Homeoffice mache, sitze ich am Schreibtisch und spüre den kühlen Boden unter den Sohlen. Im Winter würde man davon kalte Füße bekommen. An heißen Augusttagen aber wirkt es erfrischend von den Zehen bis hinauf zum Hemdkragen, der für die Videokonferenz natürlich akkurat sitzt.

Am Wochenende barfuß durch das Gras im Garten gehen und sich von den Grashalmen kitzeln lassen. Herrlich! Hie und da piekst auch mal ein Kieselstein, so dass man einen kleinen Hopser macht. Wenn es sommergeregnet hat, fühlen sich die Pflastersteine auf dem Weg unter den bloßen Füßen glitschig an, so dass ich vorsichtiger gehe. Und in einer Spätsommernacht draußen sitzen und die freien Füße in die laue Luft strecken, ist ein wohliges Gefühl von Freiheit. Dafür riskiere ich sogar Mückenstiche.

Barfuß laufen hat was von „das Leben ohne künstliche Schutzschicht unmittelbar an sich heranlassen“. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum Jesus seine Jünger barfuß losgeschickt hat. Er sendet sie in die Dörfer und Städte. Sie sollen den Leuten sagen: Der Himmel ist ganz nahe. Und Jesus trägt ihnen auf: „Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg – und keine Schuhe.“

Ich verstehe das als ein Zeichen für eine intensive Art zu leben. Jesu Botschaft war: Trau dich in die Welt hinein! Ja, es gibt Schweres und Schreckliches und manches, das dich verletzen kann. Aber wenn du dich mit wachen Sinnen und mit Gottvertrauen hineinbegibst, wenn du dich anrühren lässt, wirst du entdecken, wie hautnah der Himmel kommt.

Den Auftrag von Jesus, ohne Schuhe loszuziehen, haben manche Christen auch später in der Kirchengeschichte befolgt. Es gab Nonnen und Mönche, die deshalb ohne Strümpfe und Fußbekleidung gingen. Sie nannten sich auch so: Barfüßer-Orden oder die Unbeschuhten. Nach ihnen heißen bis heute manche Straßen: Barfüßergasse oder Barfüßerstraße. Für sie war das ein Ausdruck für Armut und Demut. Und ein Zeichen dafür: Ich vertraue dem Weg, auf den Gott mich schickt.

Dagegen bin ich nur ein Komfort-Sommer-Barfüßer. Ich genieße die gelegentlichen Sensationen, den Boden unbeschuht unter meinen Füßen zu spüren, wahrzunehmen, ob ich gerade auf hartem Pflaster unterwegs bin oder auf sanftem Untergrund, und dabei mein Vertrauen zu stärken: Das Leben trägt. Gott erst recht.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

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