Die Goldene Regel

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/14512

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Jörg Machel

aus Berlin

Die Goldene Regel 19.09.2024

Im Grunde braucht es nicht viele Paragraphen, damit Menschen gut miteinander zurechtkommen. Es hilft schon viel, wenn man sich an die „Goldene Regel“ hält. Bei Jesus klingt die Goldene Regel so: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch!“ (Matthäus 7,12)

Daran war ich in diesem Jahr bei meinen Reisen durch Nepal erinnert. Die Goldene Regel heißt für den Straßenverkehr in Nepal: „Achte auf die anderen. Schau nach vorn und fahre defensiv, auch wenn du vorwärtskommen willst.“

Die Straßen in Kathmandu teilen sich Fußgänger, PKWs, Lieferwagen und eine Unmenge von Motorrädern. Oft sind die Gassen keine vier Meter breit und ausgewiesene Gehwege gibt es nicht. Man muss sich den Raum irgendwie teilen. Das Erstaunliche ist: Es gelingt.

Die durch Enge erzwungene Langsamkeit ist dabei durchaus hilfreich. Aber selbst wenn in den frühen Morgenstunden etwas mehr Gas gegeben werden kann, gilt auch da: Achte auf das Unkalkulierbare. Sei immer auf der Hut. Du musst in der Lage sein zu reagieren: auf den Hund, das Huhn, das Kind. Du kannst nicht wissen, was dir begegnen wird.

So ganz fremd ist uns in Deutschland die in Nepal praktizierte Verkehrsordnung ja auch nicht. Auch bei uns stehen in der Straßenverkehrsordnung über allen Paragraphen die zwei Grundregeln: Fahr vorsichtig! Nimm Rücksicht!

Aber anstatt auf die anderen zu achten, herrscht oft Paragraphenreiterei. Man pocht auf die einzelnen Bestimmungen und fühlt sich im Recht. In der Fahrradstraße hat sich der Autofahrer unterzuordnen, an der Fahrbahn sollen gefälligst die Kinder aufmerksam sein. Sobald jemand sich nicht genau so verhält, wie man selbst meint, dass er soll, steigt der Aggressionspegel.

Viele hundert Kilometer war ich in Nepal in den Städten und auf dem Land unterwegs. Kein einziges Mal habe ich einen der Fahrer wütend erlebt. Auch in unklaren Situationen gab es keine Rechthaberei. Mal ist unser Fahrer noch schnell in eine Lücke gehuscht, mal der andere. Mit bewundernswürdigem Gleichmut haben sie alle Situationen gemeistert.

„Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch!“ Die Goldene Regel. Ich finde, es lohnt sich, sie zu beherzigen. Bevor man sich über die Frage, wer sich dumm anstellt und wer im Recht ist, in Rage redet. Das erleichtert das Miteinander. Und es fördert die eigene Gesundheit. So habe ich es in Nepal erlebt, und das nehme ich mit nach Berlin.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

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