Versöhnung in Coventry

Shownotes

Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/14679

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Dirck Ackermann, evang. Militärdekan

aus Berlin

Versöhnung in Coventry 01.11.2024

Ein schwerer Luftangriff im November 1940. 515 deutsche Flugzeuge bombardieren die mittelenglische Industriestadt Coventry. Um 20 Uhr steht die Kathedrale St. Michael’s in Flammen. Zunächst kann die Feuerwehr den Brand erfolgreich bekämpfen. Aber weitere Angriffe entfachen ihn erneut. Am Ende der Bombennacht ist die mittelalterliche Kirche weitgehend zerstört, mit ihr große Teile der Innenstadt. Hunderte Menschen sind tot.

An den folgenden Tagen beginnen in Coventry die Aufräumarbeiten, auch in St. Michael’s. Ihr Dachstuhl ist völlig niedergebrannt. Auf dem Boden liegen zahllose Zimmermannsnägel, die das Dach zusammengehalten haben. Da kommt dem Dompropst der Gemeinde eine Idee. Er nimmt drei große Zimmermannsnägel und lässt daraus ein Kreuz zusammensetzen, ein Nagelkreuz. Außerdem lässt er die Worte „Vater, vergib“ auf die Chorwand der Ruine schreiben. Zusätzlich wird aus zwei verkohlten Holzbalken ein großes Kreuz zusammengesetzt.

Zwei Kreuze, eins aus Holz, eins aus Nägeln, gebaut aus den Überresten einer zerstörten Kirche, und zwei Worte: „Vater, vergib“. Sie werden Symbole für Versöhnung und Frieden.

Direkt nach der Zerstörung der Kirche und der Tötung von hunderten Menschen erkennt der Pfarrer von Coventry: Der Ruf nach Vergeltung wird nur den tödlichen Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt fortsetzen. Aber in der Bitte um Vergebung im Angesicht des Kreuzes ist der erste Schritt getan zu Versöhnung und Frieden unter den Völkern. Das ist der Beginn einer großen Versöhnungsbewegung: der Nagelkreuzgemeinschaft.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, nach der Zerstörung weiterer Städte und Kirchen und dem Tod ungezählt vieler Menschen werden weitere Schritte zur Versöhnung getan. Das Nagelkreuz von Coventry steht heute in mehr als 150 Kirchen weltweit. Auch in Deutschland, so in den Ruinen der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche oder der Nikolaikirchen in Hamburg und Kiel, aber auch in der wieder aufgebauten Frauenkirche in Dresden. Das Nagelkreuz als Zeichen der Versöhnung und des Friedens.

An jedem Freitagmittag um 12:00 Uhr wird in diesen Kirchen das Versöhnungsgebet gesprochen, in Coventry, in Berlin oder Dresden. Im Mittelpunkt des Gebets stehen die beiden Worte „Vater, vergib!“. Ein Hinweis: Wir sind alle auf Vergebung und Versöhnung angewiesen, wenn wir Schritte auf dem Weg des Friedens machen wollen. Diese Botschaft will ich gerade in diesen Zeiten nicht vergessen.

Es gilt das gesprochene Wort

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

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