Den Frieden vorbereiten

Shownotes

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Dirck Ackermann, evang. Militärdekan

aus Berlin

Den Frieden vorbereiten 01.11.2024

Diesen Abend habe ich mir ganz anders vorgestellt. Ein mulmiges Gefühl. Ich stehe vor der Gethsemanekirche in Berlin Prenzlauer Berg. Vor 35 Jahren habe ich diese Kirche häufig in den Nachrichten gesehen. Während der 80er Jahre war sie ein Treffpunkt für Oppositionelle und für die Friedensbewegung in der DDR. Im Oktober 1989 war sie offen für Mahnwachen und Diskussionsveranstaltungen. Ein Meer von Kerzen - Symbol für den friedlichen Protest. Friedliche Revolution.

35 Jahre her. Die Hoffnung auf Frieden zwischen Ost und West hat der Krieg Russlands gegen die Ukraine durchkreuzt. Viele haben Angst vor einem Krieg in ganz Europa. Wieder Aufrüstung. Pläne zur Gesamtverteidigung und zur Wiedereinführung der Wehrpflicht. Stationierung von US-amerikanischen Mittelstreckenraketen in Deutschland. In Russland herrscht Kriegswirtschaft.

Darüber soll an jenem Abend in der Berliner Gethsemanekirche diskutiert werden. Ich sitze mit auf dem Podium. Können wie vor 35 Jahren Gebete, Kerzen und die Kraft der Gewaltlosigkeit einen gerechten Frieden schaffen? Oder ist das heute naiv?

Ich erwarte heftige Diskussionen. Ehrlich, ich befürchte auch Beschimpfungen. Doch es kommt anders. Natürlich haben wir auf dem Podium und auch im Publikum unterschiedliche Sichtweisen. Aber wir begegnen uns mit Respekt. Keine Beschimpfungen. Stattdessen Einigkeit in einer zentralen Sache: Wenn wir den Frieden wollen, müssen wir ihn vorbereiten, für ihn beten, um ihn ringen, uns austauschen in öffentlichen Diskussionen, den Dialog mit der anderen Seite suchen.

Frieden muss gewahrt werden, wo er durch Gewalt, Not und Unfreiheit bedroht ist. Frieden muss gefördert werden, weil er sich nicht von selbst einstellt. Frieden muss erneuert werden, wo er verloren gegangen ist. Das muss auch heute möglich sein.

Mich ermutigt, dass die Friedliche Revolution vor 35 Jahren möglich wurde. Dass Kerzen und Gebete vielleicht naiv sind, aber viel bewirken können. Mich ermutigt, dass nach dem Zweiten Weltkrieg eine Versöhnung in Europa möglich wurde, an die kaum jemand geglaubt hat.

Wahrscheinlich liegt ein langer Weg vor uns. Der Wiederaufbau nach der Kriegszerstörung im Zweiten Weltkrieg hat Jahrzehnte gedauert. Der Aufbau der Herzen zu einem friedlichen Miteinander dauert mindestens genauso lange. Wenn wir jetzt nicht anfangen, dann dauert er noch länger. Das erfahre ich an diesem Abend. Er ist so anders gelaufen als befürchtet. Gut so. So kann Frieden beginnen.

Es gilt das gesprochene Wort

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

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