Versöhnung braucht Freiheit
Shownotes
Die Andacht zum Nachlesen und -hören gibt es auch hier inklusive Download: https://rundfunk.evangelisch.de/node/14710
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Pröpstin Christina Maria Bammel
aus Berlin
Versöhnung braucht Freiheit 14.11.2024
Die Nacht vom 14. auf den 15. November im Jahr 1940. Mit ihr kommt der Tod aus dem Himmel über der englischen Stadt Coventry. Die deutsche Luftwaffe wirft Tonnen von Sprengbomben, Luftminen und über 30.000 Brandbomben über der Stadt ab. Neben Fabriken und Krankenhäusern werden Wohngebiete getroffen. Die Kathedrale wird in Brand geschossen. Glasmalereien, mittelalterliche Figuren, der Dachstuhl gehen in Flammen auf. Nur die Grundmauern bleiben.
Danach Tote und Verletzte überall. Zehntausende Häuser zerstört. Der Dompropst Howard lässt an die Außenmauer der schwer zerstörten Kathedrale die Worte meißeln: „Father forgive - Vater vergib.“
Gewissermaßen aus den Ruinen der Kathedrale von Coventry heraus entstand ein Versöhnungsgebet, das bis heute immer freitags um 12 Uhr dort und an vielen Orten weltweit gebetet wird. Der Dompropst hat damals aus Nägeln der zerstörten Kathedrale ein Kreuz machen lassen. Nagelkreuzgemeinschaft heißen darum die Kirchen, in denen das Versöhnungsgebet von Coventry gebetet wird.
„Alle haben Unrecht begangen“, so beginnt das Gebet in Berlin oder Vancouver, Tiflis, Hong Kong, Sibiu oder Den Haag. Mehr als 250 solcher Nagelkreuzzentren gibt es, etwas über 70 in Deutschland. Das Menschenrechtszentrum in Cottbus und die Dresdner Frauenkirche gehören dazu.
Als an den Mauern der Kathedrale von Coventry wieder und neu gebaut wurde, da war ein Schmiedemeister-Lehrling mit dabei: Alan Smith. Er war auch beteiligt, als aus den Nägeln der Ruine Nagelkreuze gefertigt wurden. Jahrzehnte später in den 90er Jahren hat Alan Smith mitgeholfen, die Dresdner Frauenkirche wiederaufzubauen. Ehrenamtlich.
Das war sein besonderes Friedensprojekt: Denn der Vater von Alan Smith war 1945 einer der Piloten, die Dresden in Flammen gesetzt hatten. Der Vater hat später darüber wohl kaum gesprochen.
Eine Stadt zu zerstören, braucht eine Nacht. Vertrauen und Verständigung wiederaufzubauen, die Wunden zu heilen und Versöhnung zu finden, braucht Generationen.
Was wird sein am Ende der Kriege von heute? Wird es einen Frieden mit Gerechtigkeit geben? Jedenfalls hat er keine Chance in Unfreiheit und Unterdrückung. Nur in Freiheit kann gerechter Friede werden. Nur in der Freiheit kann die Kraft zur Vergebung wachsen. Ob dann Versöhnung geschieht, bleibt ein Geschenk des Himmels.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)
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