Liebe - eine Geschäftsbeziehung?

Shownotes

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Morgenandacht im Deutschlandfunk

Pfarrer Stephan Krebs

aus Langen

Liebe – eine Geschäftsbeziehung? 29.01.2025

Liebe – das ist etwas ganz Großes, geradezu Göttliches. Oder doch nicht? Der Schauspieler Richard Gere hat vor kurzem in einem Interview (1) die Liebe eher als einen Handel beschrieben. Man gibt etwas, solange man dafür etwas Angemessenes zurückbekommt. Sind Partnerschaft und Familie also nur ein Geschäftsmodell der Liebe?

Mich drängt es zu widersprechen. Als Christ. Denn die Bibel gibt der Liebe einen vollkommen anderen Stellenwert. Sie führt die Liebe direkt auf Gott zurück. Gott wird als Ursprung der Liebe gesehen, ja als die Liebe selbst (2). Aus christlicher Sicht hat alle menschliche Liebe dort ihren Ursprung: in der Liebe Gottes. Deren Abbild ist die menschliche Liebe - sei es zwischen Partnern oder in Familien.

Für mich ist Gottes Liebe das genaue Gegenteil von einem Geschäftsmodell. Denn Gott liebt ohne Berechnung, voraussetzungslos – also ohne Vorbedingungen. Jedoch nicht folgenlos. Denn Gott erwartet schon, dass die mit Liebe Beschenkten darauf reagieren. Ich soll die Liebe, die Gott mir schenkt, weiterverschenken an andere.

Leider mangelt es daran oft. Darüber ist Gott unzufrieden – und ich auch. Doch eines geschieht dabei nie: Gott stellt seine Liebe nie grundsätzlich in Frage. Immer neu hofft Gott, mich zu erreichen und zu bessern: Ein großes Auf und Ab zwischen Enttäuschung und Hoffnung. Wie es in einer Liebesgeschichte eben oft zugeht.

Das ist meine christliche Sicht. Andere sehen das anders. Längst nicht alle möchten die Liebe mit Gott verknüpfen. Doch fast alle erleben sie als etwas Großartiges. Als etwas, das weit über ein Geschäftsmodell hinausreicht.

Bei vielen geht die Liebe als Geschäftsmodell auch gar nicht auf. Ich denke an einen Mann, der seine kranke Partnerin über Jahre hinweg pflegt. Sie kann ihm dafür nicht viel zurückgeben, ihre Gegenleistung ist gering. Doch die beiden bleiben zusammen, vereint in Liebe.

Ich denke außerdem an ein Paar, bei dem ein Teil den anderen andauernd missachtet. Aber die missachtete Person bleibt trotzdem da. Nicht weil sie muss. Sondern sie will es offenbar.

Das sind krasse Beispiele. Meist bemühen sich Paare um eine Balance des Gebens und Nehmens. Nicht weil sie müssen, sondern weil sie es wollen. Aber geht die Rechnung auf? Das ist schwer zu beurteilen. Denn dabei spielen viele Aspekte eine Rolle: Geborgenheit und Geld, Zärtlichkeit und Sex, Kinder und Kochen, Hausputz und Hausmeistern. Und vieles mehr.

Hinzu kommt die Frage, was die einzelnen Punkte den Beteiligten jeweils bedeuten. Wie wichtig sind sie ihnen? Das ist ganz verschieden und kaum zu verrechnen. So baut sich die Liebe oft verwinkelte Häuser, in die man von außen kaum hineinschauen kann. Fühlen sich die, die darin wohnen, gut aufgehoben und genug geliebt? Oder nicht? Das ist am Ende immer eine persönliche Entscheidung.

Mir scheint: Viele lieben mehr, als sie dafür zurückbekommen. Da gibt es einen Überschuss an Liebe, der gleicht Unterschiede aus, der wiegt Enttäuschungen auf, der heilt Verletzungen. Der hält Paare und Familien zusammen. Vielleicht sogar die ganze Gesellschaft.

Allerdings: Alleine darauf zu setzen, ist nicht zu empfehlen. Es ist auch nicht liebevoll. Denn die Liebe lässt einen automatisch fragen: Ist mein Partner glücklich? Wie kann ich ihn glücklicher machen? Bin ich für meine Partnerin aufmerksam genug? Was wünscht sie sich vielleicht noch von mir? So wird die Liebe zum Ausgangspunkt für ein besseres Mit- und Füreinander. So ist sie eben, die Liebe – nicht nur bei Gott: vorrausetzungslos, aber nicht folgenlos.

Es gilt das gesprochene Wort.

Literaturangaben:

(1) Interview im Playboy, zitiert nach Offenbach Post vom 08.11.2024

(2) 1. Johannes 4,7ff.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

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