Glanz Gottes

Shownotes

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Evamaria Bohle

aus Berlin

Glanz Gottes 03.02.2025

Ein Blatt, von irgendeinem Baum, von irgendwem mit Goldlack besprüht, aus irgendeiner Dekoration entkommen und dann vom Liebsten auf der Straße gefunden. Monate liegt es auf einem Bord in der Küche. Zart, trocken, die Farbe blättert schon ab. Und wird dann zu Weihachten das Kind in meiner Krippe: ein goldenes Blatt auf einem glatten Ostseestein. Symbol für das Licht der Welt.

Gestern endete die Weihnachtszeit. 40 Tage nach Heiligabend. So rechnet die verschüttete Zeitrechnung des Kirchenjahrs. Noch einmal zurückschauen auf Weihnachten, auf diese kühne Idee, dass G‘tt zur Welt kommen könnte. Glanz der Ewigkeit und zerbrechliches Menschenkind. Einer von uns. Licht der Welt. Zurückschauen und noch einmal an die Hirten in der Weihnachtsgeschichte denken, wie sich ihnen der Horizont öffnet und sie zu Kundschaftern des Staunens werden. Sich an Maria erinnern, die jugendliche Mutter mit dem denkenden Herzen und an ihren Josef, den verlässlichen Träumer. Klingt von Ferne sogar das Lied der Engel vom Frieden auf Erden nach? Ach ja. Der große unerfüllte Wunsch: Frieden auf Erden.

40 Tage nach Heiligabend. Die Tage werden spürbar länger und heller, vorfrühlingshaft manchmal. Aber in den Gottesdiensten erinnerte man gestern noch einmal an das Licht, das in der Finsternis scheint. An diesen Glanz G’ttes, der sich verschenkt, sich wehrlos macht unter uns Menschen. Ein kleines Licht, das nur lebt, wenn wir es lieben; und das sterben kann, wo gehasst wird, und das aufersteht. Geheimnis des Glaubens.

Ein Stein. Ein goldenes Blatt. Das Kind in der Krippe. G’tt kommt zur Welt. An einer tiefen stillen Stelle meiner Sehnsucht wohnt dieser Glanz. Lichtsymbolik ist ein Anker meines Glaubens. Seit Kindesbeinen gehöre ich zu einem Volk, das im Finstern wandelt. Von innen und außen greift die graue Leere immer wieder nach mir: die erschöpfenden Nachrichten, die es der Hoffnung so schwer machen, und die wiederkehrenden Zeiten der Schwermut, die einen von innen überschattet. G‘tt will im Dunkeln wohnen – das ist ein trotziger Trost.

Ein Stein. Ein goldenes Blatt. Das Kind in der Krippe. Gestern endete die Weihnachtszeit. Die Krippenfiguren sind wieder in ihrem Karton: Maria und Josef, die Hirten, die Könige, die zahmen und die wilden Tiere: Schaf und Krokodil, Ochse und Löwe und Schildkröte. Sie stammen von einem kenianischen Holzschnitzer mit einem weiten Herzen für ungewöhnliche Krippengäste. Nur der Stein und das goldene Blatt sind noch da. Brüchig und zart: Mein Glanz, das Kind in der Krippe.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorländer (martin.vorlaender@gep.de)

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