Wittenberg

Shownotes

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Pfarrer Jrg Machel

aus Berlin

Wittenberg 03.04.2025

Wittenberg. Wer diese Stadt in Sachsen-Anhalt heute besucht, macht sich kein Bild davon, wie klein Wittenberg im 16. Jahrhundert war. Hchstens 2500 Einwohner lebten in der Stadt, als Martin Luther im Jahr 1511 von Erfurt hierher an die Elbe zog. Immerhin Wittenberg hatte eine Universitt. Dort bewarb sich der Mnch Luther fr ein theologisches Doktorat mit der Aussicht, danach die Bibelprofessur bernehmen zu knnen. Eine interessante und herausfordernde Perspektive in seiner klsterlichen Gemeinschaft. Sein Lebensweg schien vorgezeichnet.

Wittenberg wurde innerhalb eines Jahrzehnts zu einem zweiten Zentrum des Christentums neben der Weltstadt Rom. Nicht selten kommen die ganz groen Ideen, die weltpolitischen Wendungen eben nicht aus den Zentren der Epoche, sondern aus der Peripherie.

Im Zentrum sind die Karten gemischt. Da wei jede und jeder, was auf dem Tisch liegt und was noch im Spiel ist. Man bewegt sich im Rahmen des Gegebenen. Das verheit Kontinuitt. Falls es doch zu Brchen kommt, dann bewegen die sich meist in einem vorhersehbaren Rahmen.

Luther war weit weg von diesem Geschehen. Vielleicht ein Faktor, warum er so frei denken und publizieren konnte. Er brauchte die Unbefangenheit eines frommen Gelehrten, um nur mit seinem Gott im Rcken die Disputationen mit den fhrenden Theologen seiner Zeit durchzustehen.

Die Strke der Provinz ist das Umfeld der Provinz. Allein auf sich gestellt htte Luther keine Chance gehabt, Gehr zu finden und das groe Projekt der Reformation ins Rollen zu bringen. Luther erreichte mit seinen deftigen Predigten die einfachen Leute. Doch das allein wre zu wenig gewesen. Auch die Frsten und das aufstrebende Brgertum, die Wissenschaftler und Knstler seiner Epoche sahen sich nicht mehr reprsentiert durch Papst und Kaiser. Und so schaute pltzlich die ganze Welt auf Wittenberg, auf dieses Stdtchen an der Elbe.

Wieder leben wir in einer Umbruchzeit. Wieder whnen sich die Mchtigen in den Metropolen im Zentrum des Geschehens. Aber vielleicht finden die wirklichen Aufbrche ja in den Basisinitiativen der sdamerikanischen Favelas statt, in der Provinz, auf kleinen Biobauernhfen und durch junge Leute, die eigene Wege jenseits der etablierten Wissenschaft gehen. Entscheidend wird sein, ob sie mit dem gleichen sehnsuchtsvollen Wahrheitsanspruch unterwegs sind wie die Reformatoren in Wittenberg, ob sie das Herz der Menschen zu erreichen vermgen und ob ihre Zeit gekommen ist.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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