Beerdigungen, die Frieden stiften

Shownotes

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Morgenandacht im Deutschlandfunk

Pfarrerin Ulrike Greim

aus Erfurt

Beerdigungen, die Frieden stiften 05.05.2025

Manchmal gibt es das ja, da geschehen Wunder. Manchmal. Und gerne dann, wenn etwas Einschneidendes passiert. Wenn ein Kind geboren wird oder jemand stirbt, zum Beispiel. Dann kommen irgendwie andere Krfte ins Spiel und es werden Dinge mglich, die man nie geglaubt htte. Jemandem wachsen Krfte zu, die er vorher nicht hatte.

Manchmal, ganz manchmal, passiert so etwas auf Beerdigungen. Oder im Anschluss daran. Da hat sich irgendetwas gendert im Gefge. Da geht es um Dinge, die ber den Horizont reichen und da wei man ja nicht so genau. Da ist Emotion im Raum, und dann ergeben sich ganz andere Gesprche. Htte man nie geglaubt.

Einige Male habe ich erlebt, wie sich Sterbende das wnschen: dass bei ihrer Beerdigung endlich Frieden in die Familie einzieht. Dass sich die Geschwister wieder die Hnde reichen und noch ein bisschen festhalten und sich trsten. Dass die Enkel miteinander spielen. Dass da ist Weinen erlaubt, und hinterher beim Kaffee erzhlt man sich Anekdoten und lacht zusammen. Und spricht sich aus. Endlich.

Und dass dann alle merken: So schlecht ist das hier gar nicht. Und was immer vorher passiert war: Fr den Moment ist es gut, dass jetzt alle hier sind. Und alle fhlen ein bisschen Frieden. Ok, und manchmal passieren solche Wunder nicht. Da sind viele Menschen auf einer Trauerfeier, die sich ganz gewiss sehr viel zu erzhlen htten, aber sie tun es nicht. Da wre eine Gelegenheit mal etwas zu erleben, was ber den Horizont reicht, aber die Herzen sind dicht. Und nichts geschieht, wie neulich bei der Papsttrauerfeier.

In solchen Situationen braucht es die Trumenden. Die knnen so etwas sehen, wo die Realitt noch lange nicht da ist. Die sehen schon, wie sich da zwei die Hand reichen und still schtteln, und sich einen Moment in die Augen schauen. Und dieser eine Moment reicht, dass die schrecklichen, alten Geschichten wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Wie pltzlich deutlich wird, dass ja alle zusammengehren, dass wir alle hier ganz normale Menschen sind. Fehlerhaft, schrecklich und aber auch begabt und wunderbar. Dass wir dieselbe Luft atmen und unter einem Himmel leben.

Ich glaube das einfach mal. Ich glaube, dass so etwas mglich ist. Dass da ein anderer Wind wehen kann. Wann immer es geschieht. Dass sich Staatschefs die Hnde schtteln knnen, dass sie sich in die Augen schauen und sich als Menschen sehen knnen und sich gegen jede Erwartung vertragen. Und Kaffee trinken und Kuchen essen. Sich endlich viel erzhlen, viel verstehen und auch verstanden werden. Dass das Wunder passiert, dass der Verstorbene posthum Frieden stiftet.

Das ist mglich. Diese Welt ist mglich, in der von einem Moment auf den anderen die Strgerusche wegfallen und die gute Stille einzieht, in der sich die Dinge wie von alleine richten. Wo dann allen klar wird, was jetzt zu tun ist. Wer was mit wem anpackt, damit die zerstrten Landschaften wieder aufgebaut werden, die Zerstreuten zusammengerufen werden knnen, weil es Zukunft gibt und Heimat. Und wie alle anpacken. Und wie pltzlich Geld da ist, man wei gar nicht, woher. Wie alle Kraft in den Wiederaufbau geht. Und wie sie planen, Grten und Parks anzulegen, gemeinsame Schulen zu bauen, und wie sie Spa daran haben, Musikerinnen einzuladen fr zauberhafte Projekte. Wie Himmel aufgeht ber allen.

Gott atmet auf.

Lasst uns trumen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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