Der Herzplatz im Haus
Shownotes
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Prpstin Christina-Maria Bammel
aus Berlin
Der Herzplatz im Haus 17.05.2025
Ich liebe meine Kche, wir sind ein schnes Paar. Ich mag ihre Gerche und ich mag ihr Inventar. So singt der Berliner Liedermacher Reinhard Mey. Geht mir hnlich. Fr mich ist die Kche und mittendrin der Kchentisch auch sowas wie der Herzensplatz im Haus: ob ganz still im ersten Sonnenlicht des neuen Tages oder voll von Gsten, die sich um den wackeligen Tisch in der Mitte drngeln und miteinander bis in die Nacht Wein und Geschichten teilen.
Reinhard Meys Liebeserklrung an seine Kche reicht weit: ... der Ort ist meine Trnke, meine Krippe und mein Trog. Da wohnen Knoblauchdnste, Riesling und Blumenkohl, Musen und schne Knste, ja da ist mir so sauwohl. Und msst` ich eines Tages wirklich ableben, dann mchte ich gern hier den Lffel abgeben.
Ich kann mir noch andere schne Orte vorstellen, um den Lffel abzugeben. Aber ein Kchentisch, an dem Menschen essen und sich gemeinsam strken, ein Tisch, an dem es Leib und Seele gut geht, der ist wundervoll. Ich denke an das knarzende Fachwerkhaus meiner Groeltern. Da konnte man von der Kche aus direkt hinber zur Kirche schauen. Wenn die Suppenteller auf dem Tisch standen und wir vor dem Essen gebetet haben, hrte man oft den Kirchenglockenschlag dazu. Dort am Kchentisch Platz zu nehmen, war fr mich wie Eintauchen in die Familiengeschichte. Meine Groeltern erzhlten von denen, die vor mir waren. Ich denke an den riesigen Tisch einer alten Frau in Siebenbrgen, die ich einmal auf einer Rumnienreise kennengelernt habe. Sie sa allein an dem groen Tisch, weil die gesamte Familie lngst das Dorf verlassen hatte. Aber fr die Dauer meines Besuchs haben wir dennoch oder: erst recht das Leben an diesem Tisch gefeiert.
Jesus sa gern zu Tisch. Das hat mir in den biblischen Geschichten ber ihn schon immer gefallen. Jesus sorgte fr freundliche Tischgemeinschaft. Alle sollten ihren Platz haben: die bersehenen, die Kaltgestellten, die Erfolgreichen, die Aussortierten. Wer anfing, um den besten Platz zu streiten, bekam von Jesus was zu hren. Die ersten Christinnen und Christen haben sich vor allem bei Tisch an den Gekreuzigten und Auferstandenen erinnert und ihn vergegenwrtigt. Sie fhlten sich Jesus am nchsten, wenn es eine vershnte, friedliche Gemeinschaft war. Eine Gemeinschaft, die radikal auf gleiche Wrde und gleiche Rechte fr alle gesetzt hat.
Das ist in der Geschichte der Christenheit oft vergessen worden, als das Abendmahl immer liturgischer wurde. Die Idee der jesuanischen Tischgemeinschaft wurde mit Regeln und Tabus berdeckt. Aber sie ging nie verloren und schwingt immer mit, egal wo und wie Christinnen und Christen Brot und Wein im Namen Jesu teilen. Offenherzig, freimtig, gastfreundlich. Das kann an einem Altar sein oder an einem Kchentisch.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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