Gewissensentscheidung
Shownotes
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Prpstin Christina-Maria Bammel
aus Berlin
Gewissensentscheidung 15.05.2025
Ich habe keine Shne. Aber heute muss ich an ein Lied von Reinhard Mey denken, das so beginnt: Ich denk', ich schreib' euch besser schon beizeiten/ Und sag' euch heute schon endgltig ab / Ihr braucht nicht lange Listen auszubreiten/ Um zu sehen, dass ich auch zwei Shne hab'/ Ich lieb' die beiden, das will ich euch sagen/ Mehr als mein Leben, als mein Augenlicht/ Und die, die werden keine Waffen tragen/ Nein, meine Shne geb' ich nicht. Reinhard Mey, selbst ein Kriegskind, hat Generationen vor Augen gemalt: Kein Ziel, keine Ehre und keine Pflicht sind es wert, dafr zwischen Panzern zu sterben. Fr Ehre und Pflicht nicht. Aber die Frage stellt sich derzeit neu: Was ist notwendig, um unser Leben in Frieden und Freiheit zu bewahren?
Mein Grovater und Urgrovater sind im Ersten und Zweiten Weltkrieg umgekommen. So etwas hinterlsst Spuren in der Familiengeschichte. Krieg ist ein Fluch voller Gewalt. Die wirkt nach auf die Generationen, die folgen. Kriegstraumata hren nicht auf, wenn der Krieg zu Ende ist.
Kaum drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges formulierte die Leitung der Evangelischen Kirche in Eisenach diese Worte: Auf Gewalt ruht kein Segen, Kriege fhren nur tiefer in Bitterkeit, Hass, Elend und Verwahrlosung hinein. Die Welt braucht Liebe, nicht Gewalt. Sie braucht Frieden und nicht Krieg. Die Zerstrung war da noch allgegenwrtig.
Wir haben in Deutschland seit 80 Jahren Frieden. 80 Jahre! Mein Grovater und Urgrovater haben ein solches Alter nie erreicht, weil sie viel zu jung an der Front zu Tode kamen und wahrscheinlich zuvor andere gettet haben. Im Grundgesetz der Bundesrepublik steht: Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Heute ist der Internationale Tag der Kriegsdienstverweigerung. Das Grundrecht steht nicht in Frage. Aber es wird diskutiert, ob der Wehrdienst wieder Pflicht sein sollte. Dazu gibt es auch in den Kirchen unterschiedliche Meinungen und Glaubensgrnde. Christinnen und Christen, die eine pazifistische Haltung haben, ringen mit Fragen wie dieser: Kann man den Opfern von Gewalt Schutz verweigern, weil man sagt, Jesus habe strikten Gewaltverzicht gepredigt?
Das Grundgesetz schtzt die Gewissensentscheidung des Einzelnen, den Wehrdienst abzulehnen. Eine allgemeine Leistung oder Norm, die fr alle Menschen gilt, ist zumindest im Augenblick schwerlich daraus abzuleiten. Ich meine: Gewaltverzicht ist immer die erste Option und muss sie bleiben. Ich stimme Reinhard Mey zu: Frieden lsst sich nicht in die Herzen schieen. Als Christenmenschen ist es an uns, Rume zu ffnen fr das Gesprch mit allen Menschen, die ringen. Mit allen, die sich fragen, welcher Weg der richtige ist: Wehrdienst oder nicht. Das heit auch: Niemanden verurteilen, weil er seinem Gewissen folgt. Ich vertraue darauf: Jedes Gewissen ist gehalten von Gottes Wort, das nicht verdammt, sondern nach dem besten Weg frs Leben sucht.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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