In 100 Jahren

Shownotes

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Morgenandacht im Deutschlandfunk

Pfarrerin Petra Schulze

aus Dsseldorf

In 100 Jahren 07.06.2025

Die beiden joggen an der Haltestelle vorbei, wo ich auf den Bus warte. Vielleicht Vater und Sohn. Der Sohn so 15 oder 16 Jahre alt, vermute ich. Die beiden sind so fit, dass sie sich beim Joggen unterhalten knnen. Der Vater: Stell dir vor, wenn du wiedergeboren wrdest So in 100 Jahren oder so. Irgendwo auf der Welt. Wo wre das und was wrdest du machen? Leider kann ich die Antwort nicht mehr verstehen. Ich wsste zu gerne, was der Sohn antwortet.

In 100 Jahren wo wrdest du da geboren werden wollen? Und wer wrdest du sein, was tun?

Wenn ich selbst anfange, darber nachzudenken, merke ich: Ich bin blockiert von ngsten. Wo wird die Welt dann berhaupt noch bewohnbar sein? Wie werden sich die klimatischen Vernderungen bis dahin auswirken, wie sieht es mit dem Frieden aus? Unbeschwert gelingt mir dieser Blick gerade nicht.

Vielleicht will der Vater ja auch das: Mit dem Sohn darber nachdenken, wie das, was ich heute tue und lasse, das Morgen bestimmt. Und dass ich, wenn ich in 100 Jahren wiedergeboren werde, eine Welt vorfinden mchte, in der ich frei atmen, gesund und ausreichend essen und in Frieden leben kann. Nicht auf einem Planeten B, nicht auf dem Mars, auf dem die Menschheit nun ihr Dasein fristet. Sondern auf unserem blauen Planeten, der Erde.

Was antwortet der Sohn wohl? Vielleicht denkt er an ein Land, in das er gern reisen mchte. An einen Beruf, den er toll findet. Vielleicht ertrumt er sich eine Partnerschaft, Familie, Kinder und viele Freunde. Vielleicht lebt er in der Stadt seiner Trume, vielleicht auf dem Land. Auf einer Farm, in einem Nationalpark mit wilden Tieren, in einem Holzhaus unter Polarlichtern, in einem Iglu aus Eis oder in einer Grostadt in einem schicken Loft. Oder er denkt an neue Lebensformen im Weltall.

Vielleicht ist das auch alles viel zu klein getrumt. In 100 Jahren, da kann man noch viel weiter denken an Dinge, die jetzt kaum mglich erscheinen. Der Vater ldt den Sohn ein, ganz weit zu denken. Die Vorstellungskraft von dem, was hier und jetzt mglich ist, auf das knftig vielleicht einmal Ntige und Mgliche zu erweitern.

Wie soll die ideale Welt aussehen? Diese Visionen treiben die Menschen aller Zeiten um. Im Christentum sind das die Visionen vom Reich Gottes oder dem Himmelreich, die diese groen Trume beschreiben.

Meine Lieblingsvisionen sind: von einer Welt, in der die Vlker friedlich zusammenleben. Die Vision von Leuten aus aller Welt mit verschiedenen sozialen und kulturellen Hintergrnden, die an einem Tisch sitzen, essen, trinken, reden und feiern, Gott Danke sagen fr alles, was sie haben.

Vielleicht hat der Vater beim Joggen zum Blick in die Zukunft ermutigt, damit der Sohn versteht, was er heute tun muss, damit die Welt in 100 Jahren so ist, wie er sie dann vorfinden will. Vielleicht hat der Vater sich selbst den Gedankenansto gegeben, was er heute frs Morgen tun muss.

So ein kurzer Gesprchsfetzen hat an diesem Morgen viel bei mir in Gang gesetzt. Stell dir vor, wenn du wiedergeboren wrdest Im christlichen Glauben gibt es die Vorstellung, dass ich jeden Tag neu geboren werden kann. Innerlich. Geistlich wiedergeboren, heit das in der Glaubenssprache. Durch meinen Glauben an Jesus Christus, der den Blick weit macht und ermutigt, falsche Sicherheiten zu verlassen, mein Verhalten zu ndern, wo es notwendig ist, und auf Gott zu vertrauen. Ein besseres Leben zu fhren. Mich tglich neu auszurichten auf den Weg des Glaubens und auf die Lebenswerte, die damit verbunden sind.

Vater und Sohn sind bestimmt lngst von ihrer Joggingrunde nach Hause gekommen. Und ich bin mittlerweile in den Bus eingestiegen und am Bahnhof angekommen. Und sage Gott Danke fr die Wortfetzen, die er mir zugetragen hat. Wenn du in 100 Jahren wiedergeboren wrdest, wo wrst du und was wrdest du machen?

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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