Wie der Senf

Shownotes

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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur

Theologin Evamaria Bohle

aus Berlin

Wie der Senf 12.06.2025

Reich Gttes ist eine Vokabel der Sehnsucht. Ein Bild fr Friede auf Erden und Frhstck fr alle. Nichts tut mehr weh und nichts trennt mehr von Gtt. Nur: Da sind wir noch nicht. Unfriede herrscht auf der Erde.

Szenenwechsel: Die Sonne steht hoch, das Wasser glitzert, ein stiller Wind bewegt die schimmernde Flche des Sees. Wir befinden uns im 4. Kapitel des Markusevangeliums. Nachts wird noch ein Sturm aufkommen. Aber jetzt ist es ruhig. Wir haben uns am Ufer niedergelassen. Jesus sitzt in einem leise schwankenden Fischerboot und redet wie ein Kleinbauer ber das Wachsen dieses Reiches Gttes. Das Wasser trgt seine Stimme gut.

Gerade vergleicht er das Reich Gttes mit einem Senfkorn und mit der groen Pflanze, die aus diesem kleinen Korn hervorgeht. Wir aus dem 21. Jahrhundert googeln mal rasch: Senf ist ein einjhriges Kraut, eine Heilpflanze. Ihre Samen knnen ungnstige Zeiten im Boden berdauern, bis sich die Lebensbedingungen bessern. Erstaunlich: Das Reich Gttes ist wie ein Kraut, wie ein Gewrz mit gelben Blten.

Mir fallen andere blhenden Vagabunden aus der Pflanzenwelt ein - Malven, Lwenzahn, Gnseblmchen, Klatschmohn und so weiter, die sich in der Stadt an den unwahrscheinlichsten Stellen im Abgasgewitter zwischen Straenpflaster und Asphalt herauszwingen. Knnen sie auch Bilder des Reiches Gttes werden?

Wo etwas wchst in der Natur, ist jedenfalls Gtt am Werk, schlagen die biblischen Dichter und Denkerinnen vor. Am dritten Schpfungstag lassen sie Gtt das Wachsen erfinden: die Pflanzen, die Saaten, die Frchte. Etwas wachsen zu lassen, trgt Gottes Handschrift. Es ist zum Staunen. Und wir Menschen bebauen und bewahren, was Gtt wachsen lsst. Idealerweise.

Es wchst jedenfalls, das Reich Gttes, beharrt Jesus. Wie das Getreide auf den kargen ckern der kleinen Leute, die ihm am See zuhren. Wie der wilde Senf am Seitenstreifen. Aus einem winzigen Samenkorn wchst etwas, das wir ernten knnen, das Wunden heilt und den Hunger stillt - den im Bauch und den in der Seele.

Das Reich G'ttes ist ein Sehnsuchtsort. Es wird nicht erobert, dieses Reich. Keine Panzer fahren, keine Drohnen fliegen. Es wird gest, es wchst, es grnt. Und nach dem Sen kommt das Warten. Das ist mitunter schwer auszuhalten. Aber es lohnt sich, sagt Jesus. Das Reich Gttes keimt in unserer Welt. Seht ihrs nicht?

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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