Neid
Shownotes
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Morgenandacht im Deutschlandfunk
Pfarrerin Angela Rinn
aus Mainz
Neid 16.06.2025
Reden wir ber Snde. Zum Beispiel ber: Neid. Die mittelalterliche Theologie hat den Neid zu den sieben Todsnden gezhlt. Der Begriff ist diffus gefasst, manche sprechen lieber von Hauptsnden statt von Todsnden. Oder noch milder: vom Laster. Ich finde, Laster ist eine gefhrliche Verharmlosung, auch wenn ich nicht an das Fegefeuer glaube. Denn Todsnden haben tatschlich tdliches Potential. Das gilt auch fr den Neid.
Dass Neid tdliche Folgen haben kann, erzhlt die Bibel gleich auf den ersten Seiten. Der erste Mensch, Adam, ist neidisch auf Gott, der als einziger im Paradies alles darf. Adam darf viel. Doch nur fast alles. Da steht jemandem das Paradies offen, kstlichste Frchte auf allen Bumen und Struchern, aber der Mensch ist neidisch auf seinen Schpfer und will sein wie er. Genaugenommen ist es die Snde Neid, die den Menschen aus dem Paradies vertreibt, und nicht etwa die Snde Unzucht, wie manche wegen der Sache mit der Nacktheit vermuten.
Kaum aus dem Paradies gefallen, wirkt Neid sofort tdlich. Der lteste Sohn des ersten Menschen bringt seinen Bruder um, weil er neidisch auf dessen Erfolg ist.
Neid macht, wie jede rechte Snde, unfrei, in diesem speziellen Fall unfrei, das eigene Glck zu genieen. Neid ist das Ende des Glcks und der Anfang der Unzufriedenheit. Das ganze Paradies zur Verfgung haben und es nicht genieen knnen, dazu bringt uns der Neid. Und da Neid so eine uralte Snde ist, fllt es schwer, sie zu berwinden. Selbst die Jnger Jesu waren neidisch und stritten, wer wohl im Himmel den ersten Platz bekommt.
Bis heute ist Neid ausgezeichnet in der Lage, Menschen aus dem Paradies zu vertreiben und manchmal auch zu tten.
Der neidische Blick auf Geschwister, Kollegen, Nachbarn, lsst die eigene gutversorgte Wirklichkeit wie hinter einem Grauschleier erscheinen. Die hat mehr als du, der hat mehr als wir, flstert der Neid ins Herz und verdirbt so Leben und auch viele Familienbande. Redet ihr noch miteinander oder habt ihr schon geerbt? ist ein alter Spruch, der davon berichtet, wie ein Erbe, das doch dankbar und glcklich stimmen knnte, Menschen entzweien kann. Dann streiten sich erwachsene Menschen um den Besitz einer Teekanne. Manchmal mit tdlichen Konsequenzen, wenn einer die Existenz des anderen nicht mehr ertragen kann.
Das Gegenkonzept zu Neid haben die Klner so auf den Punkt gebracht: Man muss auch jnne knne. Das gehrt zu den Geboten des sogenannten klschen Grundgesetzes. Dem anderen etwas gnnen, sich mit ihm oder ihr freuen. Ich wei, dass das sehr schwer ist. Es ist viel leichter, jemanden zu finden, der mitleidet, als jemanden, der sich neidlos mitfreut. Wer unter seinen Freundinnen und Freunden jemanden hat, der sich wirklich ehrlich und aus vollem Herzen ber einen Erfolg mitfreuen mag, kann sich glcklich schtzen. So ein neidfreier Mensch ist ein Gottesgeschenk.
Auf einem Seminar hat mir jemand von seiner Tante Waltraut erzhlt. Sie war so ein kostbarer Mensch, der gnnen kann. Ihr Neffe hat sie immer angerufen, wenn er seine Freude und sein Glck mit jemandem teilen wollte. Tante Waltraut war jedes Mal begeistert. Sie fand: Geteilte Freude ist doppelte Freude. Leider ist Tante Waltraut inzwischen gestorben. Er vermisst sie bis heute.
Wenn Sie einen neidfreien Menschen wie Tante Waltraut zur Freundin und zum Freund haben freuen Sie sich darber! Sagen Sie ihm oder ihr auch gerne, wie kostbar und lieb er oder sie Ihnen ist. brigens: Ich gnne Ihnen Ihre Tante Waltraut von Herzen!
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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