Trägheit
Shownotes
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Morgenandacht im Deutschlandfunk
Pfarrerin Angela Rinn
aus Mainz
Trgheit 18.06.2025
Trgheit ist nicht unbedingt das Erste, was einem beim Thema Snde einfllt. Aber tatschlich fanden die ersten christlichen Mnche: Die Trgheit sei die schlimmste Snde. Sie schneide einen Menschen komplett von Gott ab. Wenn jemand in melancholischer Trgheit versinkt, dann hat, so meinten die Mnche, selbst Gott keine Chance.
Nun gibt es viele Menschen, die es nicht unbedingt schrecklich finden, in ihrem Leben vom Kontakt zu Gott abgeschnitten zu sein. Dennoch ist auch fr sie wie fr alle Menschen die Trgheit verhngnisvoll. Denn sie fhrt zu Verdrossenheit, Gleichgltigkeit gegenber anderen, Denkfaulheit und der bequemen Ignoranz, die die Verantwortung fr Leben und Welt gerne anderen berlsst.
Trgheit ist die Unfhigkeit, mit sich selbst, mit anderen Menschen und der Welt glcklich zu sein. Es ist das Unvermgen, irgendetwas zu genieen. Trgheit ist ein Dauer-Frustzustand. Und der wirkt sich negativ auf die Umgebung aus. Wie eine hochansteckende Krankheit lauert die Trgheit in dem betroffenen Menschen; und allen, die sich im selben Raum aufhalten, droht die Infektion. Meist bemerkt man sie schon in dem Augenblick, in dem man den Kopf zur Tr hereinsteckt, und meist ist es dann schon zu spt. Man hat sein Quantum Frust abbekommen und droht ebenfalls darin zu versinken.
Ich stelle mir vor, wie es wohl gewesen wre, wenn neben Gott ein von der Snde der Verdrossenheit Befallener gesessen htte, als Gott gerade sein Schpfungswerk beginnen wollte. Was soll denn das, warum Sonne und Mond, was bringen schon Meere, lohnt sich die Mhe mit den Pflanzen, warum gibts eigentlich Vgel...? Es braucht schon gttliche Tugend, um gegen den Frust anzukommen. Der stellt sich aller schpferischen Kraft in den Weg und blockiert menschliche Begabungen. Ihm wird immer alles zu viel.
In ihrer Wirkung hnelt die Verdrossenheit der Krankheit Depression. Trgheit ist keine Krankheit, sie kann aber krank machen. Die ersten Mnche haben sie mit einer tdlichen Krankheit in Bezug gesetzt: Psalm 91 erwhnt eine Seuche, die am Mittag Verderben bringt. Die Mnche haben die Trgheit mit dieser Mittagsseuche in Beziehung gesetzt. Das Bonmot des Suppenkomas nach dem Mittagessen bewahrt diese alte Erkenntnis. Wobei Trgheit leider nicht so schnell vergeht wie ein voller Magen nach einem reichhaltigen Lunch.
Trgheit kann sowohl in Langeweile als auch in einem Zuviel an Arbeit wurzeln. Eine biblische Beispiel-Figur ist der Prophet Elia, der sich geradezu fanatisch im Dienst aufgerieben hat. Er hat bis zur Erschpfung fr seinen Auftrag gekmpft und ist am Ende nur noch voller berdruss. Er will nicht mehr. Es ist genug. Gott mge ihn sterben lassen. Einen Funken Lebenswillen erkennt man in der Geschichte des Propheten darin, dass er sich in der Wste unter die einzige Pflanze legt, die ein wenig Schatten spendet. Dennoch: Es braucht gttlichen Beistand, um den Propheten aus seiner Erstarrung wieder in Bewegung zu bringen. Ein Engel muss zweimal kommen und Brot und Wasser reichen. Dann erst findet Elia wieder zu seiner Lebenskraft zurck.
Interessanterweise bringt der Engel keine Austern und keinen Kaviar. Es ist etwas ganz Einfaches, zugleich zentral Lebenswichtiges: Brot und frisches Wasser. Elia isst und trinkt. Dann kommt er zu Krften und kann wieder das finden, was der Sinn seines Lebens ist.
Wenn es gut geht, reit durch die Snde der Trgheit der Lebensfaden nicht gnzlich ab, sondern der Mensch besinnt sich auf das, was im Leben zhlt. Dann kann es geschehen, wie beim Propheten, dass man die Augen aufschlgt und die Dinge wahrnimmt, die wirklich wichtig sind. Und dankbar dafr ist. Dann schmeckt einfaches Wasser erfrischend und gewhnliches Brot ist kstlich. Dann ist die Verbindung zu anderen Menschen wieder mglich. Man fhlt sich selbst wieder und dass das Leben einen Sinn hat. Dann teilt man Brot und Wasser mit anderen, und ein Lcheln noch dazu.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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