Wahrheit und Freiheit
Shownotes
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Wort zum Tage im Deutschlandfunk Kultur
Pfarrer Steffen Madloch
aus Berlin
Wahrheit und Freiheit 27.06.2025
Ende Juni 1989 geschah etwas damals Unvorstellbares: Zwei Auenminister Alois Mock aus sterreich und Gyula Horn aus Ungarn schnitten gemeinsam den Grenzzaun zwischen ihren Lndern auf. Es war nur ein symbolischer Akt, aber ein groer: Der erste sichtbare Riss im Eisernen Vorhang, der Europa Jahrzehnte geteilt hatte.
Wer damals dabei war, spricht oft von einem Gnsehautmoment. Es war, als wrde ein Fenster aufgehen, das so lange verschlossen war, dass man kaum noch an Luft geglaubt hatte. Kurz darauf kamen Tausende Menschen ber diese Grenze viele aus der DDR und machten sich auf in ein neues Leben. Die Freiheit war nicht mehr aufzuhalten.
Europa hat sich seither verndert. Grenzen wurden geffnet, Mauern fielen, Menschen fanden zusammen. Doch heute, 36 Jahre spter, spren wir: Diese Freiheit ist keine Selbstluferin. Populistische Stimmen werden lauter. Sie schren Angst, ziehen neue Grenzlinien nicht aus Stacheldraht, sondern in Herzen und Kpfen. Wir zuerst, die anderen raus solche Parolen erinnern schmerzhaft daran, wie zerbrechlich das europische Projekt ist.
Als Christ habe ich eine andere Vision: Ich glaube zusammen mit vielen anderen an eine Freiheit, die nicht auf Abgrenzung, sondern auf Wahrheit grndet. Jesus sagt: Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.
Wahrheit das klingt so schlicht. Doch sie ist heute oft schwer auszumachen im Lrm der schnellen Meinungen. Wahrheit heit: Genau hinschauen. Zuhren. Unbequeme Fakten nicht ausblenden. Und auch: Die eigene Verstrickung in Ungerechtigkeit anerkennen. Jesus meint nicht blo uere Freiheit, sondern die innere. Die, die das Herz weit macht. Die uns befreit von Hass, Neid, Misstrauen. Freiheit ist kein Besitz, sondern ein Auftrag.
Ich glaube: Auch heute brauchen wir mutige Menschen wie 1989. Menschen, die symbolische Zune zerschneiden. Die Brcken bauen, wo andere Mauern errichten wollen. Die nicht zuerst fragen: Was kostet es mich?, sondern: Was dient dem Leben?
Vielleicht sind es gerade Christinnen und Christen, die diesen Dienst neu entdecken mssen: Friedensstifter zu sein. Freiheitsbotschafterinnen. Wahrheitsliebende. In einer Zeit, in der viele lieber spalten als verbinden, drfen wir erinnern: Unser Glaube stellt keine Grenzen auf er durchbricht sie.
Ich hre nicht auf, fr ein freies, vershntes Europa zu beten und zu arbeiten. Fr eine Freiheit, die nicht nur erlaubt, sondern befhigt. Die nicht nur schtzt, sondern aufrichtet. Die nicht nur mir gehrt sondern allen.
Es gilt das gesprochene Wort.
Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)
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