Hälfte des Jahres

Shownotes

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Morgenandacht im Deutschlandfunk

Pfarrerin Claudia Aue

aus Kiel

Hlfte des Jahres 30.06.2025

Astrid Lindgren schreibt in ihrem Roman Ferien auf Saltkrokan:

Mittsommer war es, ein strahlend heller Mittsommertag und was fiel Malin ein? Den ganzen langen Vormittag sa sie hinter der Fliederhecke im Gras und schrieb in ihr Tagebuch Gestern war Mittsommerabend, schrieb Malin. ber der ganzen Insel liegt der Duft von Steinbrech und Klberkropf und Mdes und Klee, Margeriten schwanken an jedem Grabenrand und Butterblumen leuchten im Gras, der rosa Schaum der Heckenrosen legt einen Schleier ber unsere armseligen grauen Felsbuckel, und in den Spalten sprieen wilde Stiefmtterchen. Alles duftet, alles blht, alles ist Sommer

Alles ist Sommer. Dieses Lebensgefhl zelebrieren die Skandinavierinnen und Skandinavier besonders. Vor zehn Tagen haben sie Midsommar gefeiert. Vermutlich gibt es kein zweites Fest, das den Sommer so gut einfngt. Eine Schwedin hat mir von Midsommar erzhlt Linda aus Jnkping:

Es ist kein christliches Fest, aber es ist nach Weihnachten das zweitwichtigste Fest in Schweden. Die Familien kommen zusammen, alle fahren aufs Land, Stdte wie Gteborg oder Stockholm sind leergefegt. Linda erzhlt weiter: Ursprnglich war es eher ein Fest der Bauern sie haben den bergang vom Frhling zum Sommer gefeiert, die Ernte. Das typische Midsommar-Essen sind deswegen frische Kartoffeln, Matjes und frische Erdbeeren mit Sahne.

Es gibt an Midsommar in Schweden einen Brauch, der an den Maibaum in Deutschland erinnert. Er heit auch hnlich: majstng. Eine lange Stange oben mit Querstben wird mit Blten und Zweigen geschmckt und feierlich aufgerichtet. Abends tanzen alle um den Maibaum, erzhlt Linda. Die Jugendlichen feiern bis in den Morgen. Die Grenze zwischen Tag und Nacht wirkt wie aufgehoben, denn es wird nicht richtig dunkel.

Das Licht im Sommer ist bei uns anders, sagt die Schwedin. Es ist noch heller, schlielich ist es im Winter noch dunkler. Das helle Licht bis spt in die Nacht und frh am Morgen ist wie ein Lichtvorrat fr die langen dunklen Tage ab dem Herbst. Mdchen und junge Frauen legen bestimmte Grser unters Kopfkissen und trumen dann von ihrem Liebsten.

Zu dieser Zeit der langen Tage und kurzen Nchte Ende Juni gehren Zusammensein, Tanzen und Trumen. Fr eine Kollegin von mir ist die Mitte des Jahres verbunden mit einer Traum-Geschichte aus der Bibel. Und zwar der von Jakob: Der hatte seinem Zwillingsbruder Esau Entscheidendes weggenommen: den Segen des Vaters. Das Recht des Erstgeborenen. Sein Bruder Esau ist wtend, sehr wtend. Jakob macht sich lieber auf und davon.

Auf seiner Flucht bernachtet er in der Wste. Er legt seinen Kopf auf einen Stein, weil er sonst nichts hat. Und dann schlft er und trumt: Von einer Leiter, die Himmel und Erde verbindet. Und Engeln, die diese Leiter herauf- und heruntersteigen. Und von Gott, der verspricht: Ich bin bei dir, wohin du auch ziehst. Jakob baut am nchsten Morgen dort einen Altar, wo der Stein unter seinem Kopf gelegen hat. Und er sagt: Gott war hier. Und ich habe es erst gar nicht bemerkt.

Die langen Sommernchte jetzt knnen auch Traum-Nchte sein. Vielleicht von dem Liebsten oder der Liebsten. Vielleicht von dem, was im ersten Halbjahr war, und von dem, was in den nchsten sechs Monaten noch kommen kann.

Ich frage mich: Wann habe ich Engel im ersten Halbjahr an meiner Seite gehabt? Wie auch immer sie sich mir gezeigt haben: im Traum, in Gestalt von Menschen, die mir weitergeholfen haben. Wo wnsche ich mir Engel im zweiten Halbjahr? Was hat mich glcklich gemacht - was traurig und leer? Kann ich die Weichen vielleicht anders stellen fr die kommenden sechs Monate? Malin in der Astrid-Lindgren-Geschichte schreibt in dieser Zeit zur Jahreshlfte Tagebuch. Auch eine Idee

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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