Abraham-Abkommen

Shownotes

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Gedanken zur Woche im Deutschlandfunk

Pastor Matthias Viertel

aus Kassel

Abraham-Abkommen 04.07.2025

Der Nahe Osten ist derzeit ein brodelnder Kessel. Zu viele Probleme heizen den Krisenherd immer weiter an: Zwischen Israel und dem Terrorregime der Hamas, zwischen dem Iran, der im Verdacht steht, an einer Atombombe zu bauen, und Israel, dem davor graut. Auch die Nachbarlnder sind davon betroffen. Die Angst vor einem Flchenbrand ist nicht unbegrndet.

Inmitten dieser Hiobsbotschaften konnte eine Meldung beinahe untergehen. Dabei bedeutet sie zumindest einen Lichtblick. Auf Initiative der USA gibt es Verhandlungen zwischen Israel und der neuen Regierung in Syrien. Konkret geht es um einen Beitritt Syriens zu dem sogenannten Abraham-Abkommen, der Abraham Accords Declaration. Auch der Libanon zeigt sich verhandlungsbereit. Saudi-Arabien bekundet zumindest Interesse. Worum geht es?

Das Abraham-Abkommen wurde schon vor fnf Jahren ins Leben gerufen: Damals unterzeichneten es Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Sie erklrten damit ihre grundstzliche Bereitschaft, ihr Verhltnis zu Israel zu normalisieren. Kurz darauf schlossen sich Marokko und der Sudan an.

Das Abkommen ist ein zaghafter Schritt, kein vollmundiges Versprechen. Manche haben die vagen Formulierungen bemngelt. Aber ein kleiner Schritt ist gerade jetzt verheiungsvoll, weil es an Alternativen mangelt und Lsungen kaum auszumachen sind.

Zunchst geht es in diesem Abkommen nur um die gegenseitige Anerkennung der bloen Existenz. Nicht viel. Eigentlich selbstverstndlich. Und doch unendlich viel, wenn man auf die aktuelle Lage schaut: Der Iran weigert sich nach wie vor, die Existenz Israels zu akzeptieren. Das erklrte Ziel des Regimes ist noch immer die Vernichtung des Staates Israel. Der iranische Revolutionsfhrer Ali Chamenei hat Israel wiederholt als Krebsgeschwr bezeichnet, das beseitigt werden msse.

Das ist keine Grundlage fr Verhandlungen. Umso verheiungsvoller wirkt die Bereitschaft der arabischen Lnder, den Staat Israel grundstzlich anzuerkennen. Wenn nun auch Syrien, der Libanon und sogar Saudi-Arabien hinzukommen, besteht die Chance, die qulende Situation der Palstinenser wieder zum Thema zu machen.

Was meine Hoffnung zustzlich bekrftigt, ist die Person, die dem Abkommen den Namen gegeben hat: Abraham, auf Arabisch Ibrahim. Abraham bedeutet so viel wie Vater der Vlker. Deshalb berufen sich Juden, Christen und Muslime auf ihn als Stammvater ihres Glaubens und werden als abrahamitische Religionen bezeichnet.

Die Vereinbarung nach ihm zu benennen, ist aus zwei Grnden vorteilhaft. Zum einen wird deutlich: In diesen Konflikten schwingen immer religise Motive mit. Es geht um Macht, aber auch um Menschen mit ihrem Glauben. In allen arabischen Lndern leben ja nicht nur Muslime, sondern auch Juden und Christen. Sogar in Gaza gibt es eine christliche Gemeinde, in Teheran ein knappes Dutzend Synagogen. Und in Israel bilden Araber mit muslimischem oder christlichem Glauben immerhin 20 Prozent der Bevlkerung. Die Bekenntnisse der Menschen sind grenzberschreitend. Dafr, dass sie alle in Koexistenz leben knnen, ist die gegenseitige Anerkennung die Voraussetzung.

Und dafr ist Abraham eine ideale Leitfigur: Er steht fr den Monotheismus, also fr den Glauben an einen Gott, zu dem verschiedene Wege fhren. Zum anderen aber ist ihm auch der humane Aspekt des Glaubens zu verdanken: Nach Abraham darf kein Mensch mehr geopfert werden, kein Mensch soll unter einer menschenverachtenden Ideologie leiden oder Opfer von religisen Fanatikern werden.

Wenn im Nahen Osten eine interreligise Autoritt eine Annherung bewirken kann, dann ist es Abraham. Er steht fr die Gemeinsamkeiten und fr einen menschlichen Glauben. Deshalb ist es hoffentlich nicht nur ein frommer Wunsch, dass aus dem Abraham-Abkommen einst Friedensvertrge erwachsen knnten.

Es gilt das gesprochene Wort.

Redaktion: Pfarrer Martin Vorlnder (martin.vorlaender@gep.de)

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